Zitat von TEE1952 im Beitrag #2281Vielleicht sollte man das Thema anpassen. Wer fährt denn noch Wechselstrom?
Der Threadtitel ist dem Volksmund geschuldet, der immer noch 2-Leiter-Betrieb als Gleichstrom-Betrieb und Mittelleiter-Betrieb als Wechselstrom-Betrieb bezeichnet. Gleich- und Wechselstrom meinen nicht die Stromart, mit der gefahren wird. Die dürfte mittlerweile in 90% der Fälle unisono Digitalstrom sein.
Zitat von Wilder Robert im Beitrag #2283Sind die 3-Leiter denn früher tatsächlich mit Wechselstrom gefahren, und wie wurde die Fahrtrichtung geändert ?
Ja, die Fahrtrichtung wurde übereinen Fahrtrichtungsumschalter (FRU) gewechselt, der durch einen kurzen 24V-Schaltimpuls angesprochen wurde.
Das hatte zwei Vorteile: - Fahrtrichtung wurde nicht über die Gleisspannung für alle Loks gemeinsam bestimmt sonder individuell für jede Lok einzeln. - In Kombination mit Oberleitungsbetrieb konnte auf dem gleichen Gleis mit zwei Loks völlig unabhängig gefahren werden. - Über den Umschaltimpuls konnte schon damals analog die Telexkupplung bedient werden.
Nachteil: - Der Umschaltimpuls führte bei schlecht eingestellten FRU zu dem bekannten "Bocksprung". - Der 24V-Umschaltimpuls wirkte sich auf die Lebensdauer der Glühbirnchen negativ aus.
PS: Heute, im Digitalzeitalter, fahren ja alle mit "Wechselstrom", das System Märklin (Wechselspannung und Fahrtrichtungsumschaltung in der Lok) hat sich also weltweit durchgesetzt
Wie kommst du darauf, dass der Umschaltimpuls für jede Lok einzeln übertragen wurde? Einmal 24 V ans Gleis abgegeben, schon haben alle Loks die Richtung gewechselt.
Zitat von Dominik B im Beitrag #2287Wie kommst du darauf, dass der Umschaltimpuls für jede Lok einzeln übertragen wurde? Einmal 24 V ans Gleis abgegeben, schon haben alle Loks die Richtung gewechselt.
Ich habe doch nicht gesagt, dass der Umschaltimpuls für jede Lok einzeln übertragen wurde, sondern dass die Fahrtrichtung für jede Lok einzeln bestimmt wurde, nämlich von der Schalterstellung des FRU, während die Fahrtrichtung bei DC von der Polung der anliegenden Gleisspannung bestimmt wird.
Er meinte damit, dass man die Fahrtrichtung individuell per Lok einstellen konnte, in dem man alle andere Loks z.B. vor Signale oder in stromlose Abschnitte gestellt hat. Dann hat nur die Lok die Fahrtrichtung gewechselt, die unter Strom stand.
Zitat von Wilder Robert im Beitrag #2283Sind die 3-Leiter denn früher tatsächlich mit Wechselstrom gefahren, und wie wurde die Fahrtrichtung geändert ?
Hallo Robert!
Um Deine Frage einmal konkret zu beantworten. Die alten für Wechselstrom geeigneten Elektromotoren waren Reihenschlußmotoren: https://de.wikipedia.org/wiki/Gleichstro...schlussmaschine Statt des von den Gleichstrom-Kleinmotoren bekannten Permanetmagneten gab es hier im Stator eine weitere Wicklung welche als Elektromagnet die benötigten Magnetkräfte, vulgo Magnetfeld, erzeugte. So ein Reihenschlußmotor, deswegen so genannt weil der Anker und die Statorwicklung, auch Feldwicklung genannt, in Reihe geschaltet sind, läuft dann entweder mit Gleich-oder Wechselstrom, daher auch die Bezeichnung Allstrommotor. Aber er läuft eben nur in eine Richtung, egal wie herum man ihn polt. Sehr schön ist dieser Effekt zu sehen wenn man den Motor mit Gleichstrom beaufschlagt, egal wie man ihn anschliesst, er läuft immer nur in eine Richtung. Das ermöglicht dann aber auch diesen Motor mit Wechselstrom zu betreiben. Um jetzt aber dennoch die Drehrichtung umkehren zu können, hat man eine 2. Wicklung auf den Stator aufgebracht. Jedoch ist diese genau anders herum gewickelt als die 1. Wicklung. Man hat es hier also mit 2 gegenläufigen Feldwicklungen zu tun. Es ist immer eine dieser Wicklungen in Reihe mit dem Anker geschaltet. Je nachdem welche Wicklung gerade eingeschaltet ist bestimmt die Drehrichtung des Motors.
Historische Entwicklung: In der Frühzeit der Elektischen Eisenbahn um 1910 gab es nur einen rein mechanischen Umschalter mit denen man die Feldwicklungen welchseln konnte und somit die Fahrtrichtung der Lok bestimmen konnte. In den 1930er Jahre entwickelte die amerikanischen Firma Lionel einen automatischen Umschalter welcher bei jedem Anhalten der Lok die Fahrtrichtung automatisch umkehrte. Ermöglicht wurde das über eine Schaltwalze welche über ein Klinkenrad angetrieben wurde. Ein Elektromagnet zog eine Sperrhebel an und wenn der Strom ausgeschaltet wurde sorgte eine Feder dafür, daß der Hebel wieder in seine Ausgangslage zurückging und dabei das Klinkenrad um eine Klinke weiter rückte. Mittels der Schaltwalze lassen sich dann auch diverse Zusatzfunktionen betätigen. Die Firma Märklin hat von der Firma Lionel dieses Patent aufgekauft. Ältere Märklin Sammer kennen das noch unter der Bezeichnung "66er Schaltung". Später hat man bei Märklin dieses Patent modifiziert indem der federbelastete Sperrhebel erst bei seiner Spannung von 24V von dem Elektomagneten angezogen wurde. Der Elektromagnet muste dabei die Federkräfte überwinden. Daher musste die Federspannung so genau einjustiert werden, daß der Hebel erst bei einer Spannung von deutlich über 16V vom Elektromagnezten angezogen wurde. Beim Umschalten mit 24V bekamen die Motoren dann ebenfalls 24V verabreicht was dann zu den sog. Bocksprüngen führte. Durch einen zusätzlichen Unterbrecherkontakt, welchen der Hebel betätigte, wurde der Bocksprung dann abgestellt. Später kam dann ein neuer Fahrtrichtungsumschalter, bei dem der Elektromagnet eine Schaltwippe betätigte die die Feldspulen welchselweise einschaltete. Noch später kam dann eine elektronische Unterstützung hinzu. Die dann von einem vollelektronischen Umschalter abgelöst wurde. Dieser hatt dann keine mechanischen Bauteile mehr. Heute übernimmt ein Lokdecoder diese Aufgabe bei analogem Betrieb. Ein elektronischer Umschalter würde Heute genau so viel kosten wie ein vollwertiger Decoder. Das ist dann auch der Grund warum Märklin Loks grundsätzlich mit Decodern ausgestattet sind. Heute sind in Märklin Loks in der Regel Gleichstrom-Kleinmotoren mit Permanentmagneten eingebaut. Damit dürften dann auch einige Fragen beantwortet sein.
Zitat von Atchison im Beitrag #2290Heute sind in Märklin Loks in der Regel Gleichstrom-Kleinmotoren mit Permanentmagneten eingebaut.
Hallo Ludwig, sehr gut zusammengefasst, danke!
Einzig obiger Satz ist nicht ganz korrekt: Viele aktuelle Loks und Neuerscheinungen basieren noch auf der älteren Konstruktion mit einem angetriebenen Motordrehgestell und Trommelkollektromotor. Dies ist ein in das Antriebsdrehgestell integrierter Gleichstrom-Motor mit Permanentmagnet, kein gekapselter Kleinmotor.
Ich wundere mich schon ein bischen warum keiner der bekennenden Märklin Fans diesen Artikel geschrieben hat.
Heute sind in Märklin Loks in der Regel Gleichstrom-Kleinmotoren mit Permanentmagneten eingebaut. Und was soll an diesem Satz nicht korrekt sein? Die mechanische Bauart des Motors habe ich ganz bewusst ausgeklammert und nicht erwähnt, lediglich die elektrische Bauart genannt. Und darunter fallen auch die Traditionsmotoren mit quer eigebauten Anker welche mit Permanentmagnet digitaltauglich gemacht worden sind.
Zitat von Atchison im Beitrag #2293Ich wundere mich schon ein bischen warum keiner der bekennenden Märklin Fans diesen Artikel geschrieben hat.
Wieso? Ist doch schön, wenn Du das so gut darstellst? Abgesehen davon hatte ich die Frage ja schon beantwortet, ein geschichtlicher Abriss über die Entstehung der Modelleisenbahn im Deutschen und internationalen Kontext unter Berücksichtigung von lizenz- und patentrechtlichen Rahmenbedingungen etc. pp. war ja nicht gefragt.
Zitat von Atchison im Beitrag #2293 Heute sind in Märklin Loks in der Regel Gleichstrom-Kleinmotoren mit Permanentmagneten eingebaut.
Und was soll an diesem Satz nicht korrekt sein? Die mechanische Bauart des Motors habe ich ganz bewusst ausgeklammert und nicht erwähnt, lediglich die elektrische Bauart genannt. Und darunter fallen auch die Traditionsmotoren mit quer eigebauten Anker welche mit Permanentmagnet digitaltauglich gemacht worden sind.
Ich hatte in Deinem völlig korrekten Satz "Gleichstrom-Kleinmotoren mit Permanentmagneten" so verstanden, dass damit die gekapselten Gleichstrom-Kleinmotoren gemeint sind, wie sie z.B. in vielen Hobby-Loks und den völligen Neuentwicklungen mit Mittelmotor Einsatz finden. Das war offenbar von Dir nicht so gemeint, also schlicht ein Missverständnis. Ich hätte dann eben einfach von DC-Motoren gesprochen.
Also es ist alles in Ordnung, kein Grund zur Aufregung.
Zitat von Atchison im Beitrag #2293Ich wundere mich schon ein bischen warum keiner der bekennenden Märklin Fans diesen Artikel geschrieben hat.
Wenn man die üblichen Texte der bekennenden Märklin Fans sich ins Bewußt sein ruft, wundert mich das nicht. Ich denke aber deine Frage war mehr rhetorischer Natur.
Hallo Ludwig, da hast du dich ja richtig ins Zeug gelegt, und ich hab es auch verstanden. Die Jungs von damals haben sich eben was einfallen lassen. Heute funktioniert das einfach alles wie von selbst, und kaum einer weiß warum. Ich finde die Zeit von damals interessanter.
Mit Wechselstrom fuhren damals alle anderen auch, also Trix und Piko. Piko hatte eine Umschaltung ähnlich wie Märklin war aber von Anfang an ohne Mittelleiter, während Trix Express die einzige echte 3 Leiter Bahn war und schon früh einen Zweizugbetrieb auf einem Gleis bieten konnte. Bei Fleischmann bin ich mir bei H0 nicht sicher ob das noch mit Wechselstrom lief oder von Anfang an mit Gleichstrom. In Spur Null war es bis Ende der vierziger Jahre ebenfalls üblich mit Wechselstrom und diverser Arten der Fahrtrichtungsumschaltung zu fahren.
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Der Gleich- o. Wechselstrom Glaubenskrieg-Thread
21.04.2016 10:59 (zuletzt bearbeitet: 21.04.2016 11:04)
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