Während meiner Recherchen zur deutschen Eisenbahnepoche I bin ich auf eine interessante Bahn gestoßen, die beim Vorbild über das Planungsstadium nie darüber hinaus ging und leider nie gebaut wurde.
Dieses Projekt "bettelt" geradezu auch mal modellbahnerisch umgesetzt zu werden, zumal es sich um eine "sächsische" 750 mm Schmalspurbahn handelt.
Im Bismarck Archipel in Deutsch Südost Asien (Deutsch Guinea) auf der Gazelle Halbinsel an der Blanche Bucht beim Ort Herbertshöhe war diese Plantagenbahn im Jahr 1902 geplant worden. Da der mit der Planung beauftragte Eisenbahningenieur aus Sachsen stammte, wurde die Bahn in der Spurweite von 750 mm geplant. Gebaut werden sollte sie nach einer zügigen Genehmigung bereits schon ab 1906 und man bestellte bereits entsprechende Materialien und Fahrzeuge, doch die Genehmigung aus Berlin blieb aus, da man sich dort nicht einig darüber war, warum man nicht in der schmaleren Feldspur oder breiteren Meterspur hätte bauen sollen. Man zweifelte den Nutzen der 750 mm Spur an, so daß das Projekt erst einmal auf "Eis" gelegt wurde, zu dem fühlte man sich mit der zu früh ausgelösten Bestellung des Baumaterials und der Fahrzeuge übergangen, so daß die Bestellung storniert werden mußte. Ein Großteil der Hersteller blieb auf den nun erst einmal nicht benötigten Materialien und Fahrzeuge
1 - Mole mit Überdachung und Kränen 2 - Landungsbrücke mit Gleisverschlingung 3 - Anlande- und Abfahrgleise 4 - Ausziehgleis und Spitzkehre mit 4 % Neigung 5 - LS und Werkstatt 6 - Ausfargleis Richtung Neu Anklam 7 - Stationsgebäude 8 - Hotel "ANKLAM" 9 - Kirche 10 - Stadt Herbertshöhe
Wegen der häufigen Erdbeben ist die Höhe der Holzgebäude auf ein Obergeschoß begrenzt.
Hinweis: bei den hier gezeigten Bildern und Grafiken der Landkarten ist der Urheberschutz bereits abgelaufen!
Modellbahnerische Umsetzung erfolgt in Modulbauweise.
Da der planende Eisenbahningenieur ein Sachse war, kann ich eine sächsische Schmalspurbahn unter „Palmen" bauen, Spurweite H0e. Bei den Loks hatte es verschiedene Vorgaben gegeben, die mit den bekannten sächsischen Schmalspurloks jener Zeit nicht realisierbar sind. Ich schlußfolgere daraus, daß wohl Maschinen von verschiedenen Herstellern wie Arthur Jung oder die Fa. Koppel zu Berlin oder Krauss & Maffai zu München in Frage kommen oder sonstige Lieferanten von Lokomotiven. Da es sich um eine „nie gebaute" aber „geplante" Plantagenbahn handelte habe ich gewissermaßen auch modellbahnerische „Freiheiten" Rollmaterial einzusetzen, speziell Lokomotiven, wie sie es zu jener Zeit gegeben hatte.
Deutsch Guinea oder das Kaiser - Wilhelm - Land in Deutsch Neu Guinea ist östliche Teil einer Insel die zu Indonesien gehörte, dort eingesetzte Lokomotivbauarten könnten wohl durchaus auch ins Bismarck Archipel gelangt sein, hätte man die dortige Bahn gebaut.
Es sollte im Bahnhof Herbertshöhe zwei Rangierloks geben:
Einen Zweikuppler, zum Rangieren von Wagen auf den Landungssteg. Zum Einrangieren in die Molenhalle sollten wegen der Brandgefahr Brückenwagen verwendet werden und der Schornstein der Lok sollte sich in Richtung Land befinden, somit hätte man überwiegend Rückwärts auf die Landungsbrücke fahren müssen.
Einen Dreikuppler, welcher in entgegengesetzte Fahrtrichtung des Zweikupplers, den Verschubdienst vom Bahnhof über die Spitzkehre zu den Rangiergleisen der Landungsbrücke vornimmt.
Für die Streckenloks waren keine Wendemöglichkeiten vorgesehen, das ließ den Schluß zu, daß wohl als „Zwillinge" gekuppelte Dreikuppler zum Einsatz kommen sollten oder andere Maschinen, welche in Vorwärts- als auch in Rückwärtsfahrt eine etwa gleichhohe Geschwindigkeit erreichten.
Für Inspirationen, welche Loks man einsetzen könnte wäre ich dankbar. Ich plane das Betriebsjahr 1908 darzustellen, kurz nach Streckeneröffnung.
Die Publikation der Ingenieurwissenschaften „Der Eisenbahnbau" in fünf Bänden aus dem Jahr 1894, gehörte für Eisenbahningenieure bestimmt zur „Standardlektüre" jener Zeit?
Eine sehr aufschlußreiche Publikation, in der bezüglich Lokomotiven und Fahrzeuge aber auch unterschiedliche für den Gleisbau relevante Dinge, wie Berechnungen zu unterschiedlichen Themenbereichen, dem interessierten Leser gut veranschaulicht werden.
Schönen Gruß,
Ingo
DKEV im Bismarck Archipel H0e DCC mit Roco MM Projekt: Preußen Privatbahn L.T.E. 1907
das ist ein spannendes Thema. Ich würde mich fahrzeugtechnisch vielleicht etwas an den Kolonialbahnen in Deutsch-Ostafrika orientieren. An den Loks würde vielleicht ein Cowcatcher gut aussehen. Auf dem zweiten Bild erkenne ich am Personenwagen eine Art Sonnenschutz, wie er auch im Sudan (z.B.) verwendet wurde.
Überhaupt sind die Grafiken echt interessant. Die Männer mit den Stöcken durch die Nase, einer davon ein halbnackter Rangierer....
Auch wenn es etwas vom Thema abschweift, obwohl, wir bleiben bei den Kolonialbahnen, ich habe vor ein paar Jahren ein paar Fotos eines größeren Dioramas gemacht, das eine solche afrikanische Bahn zum Vorbild hat. Ich zeige es einfach mal so als Beispiel für eine Umsetzung.
Sehr schöne Palmen gibt es übrigens in verschiedenen Größen und Ausführungen von der Firma JTT.
Erst einmal Danke für die Vorstellung dieser schönen ostafrikanischen Anlage. Ich orientiere mich aber auch an Fahrzeugen anderer kolonialen Gebiete. Mit Ausnahme von Namibia, der ehemaligen deutschen Süd-West Kolonie, wurden die Staatsbahnen, der übrigen Kolonien der DKEV zugeordnet, jedoch individuell, einzeln verwaltet und eigenständig, je Kolonie, betrieben.
Die einzige Bahn, welche in Namibia, der DKEV zugeordnet war, war die „Diamantenbahn", welche zu dem auch noch elektrisch betrieben wurde...
Mit freundlicher Genehmigung des National Archivs Windhuk, Namibia
...und als einzige Bahn der kolonialen Vergangenheit, bis in die heutige Zeit nebst Lokomotiven, überlebt hat.
Bezüglich des Rollmaterials, orientiere ich mich bereits an Fahrzeugen anderer Eisenbahnen in den deutschen Kolonialgebieten, die meterspurigen Fahrzeuge verfügten aber über eine Saugluftbremse.
Bei Fahrzeugen von schmäleren Spuren, gibt es abweichende Informationen von handgebremsten Fahrzeugen bishin zur Saugluftbremse, ob die sächsische Heberleinbremse je das Bismarck Archipel erreicht hätte kann nicht beantwortet werden, da die Bahn bekanntlich nie gebaut wurde.
Es wurden zwar Bestellungen seitens der DKEV in Auftrag gegeben, jedoch ohne die nötige „Absegnung" aus Berlin, so daß die bereits bestellten Fahrzeuge und Baumaterialien nach etwa zwei Jahren storniert werden mußten, als die Herstellerfirmen und Fabriken, um Bezahlung baten.
Wagen mit Bremsersitz der Otavibahn - Mit freundlicher Genehmigung des National Archivs Windhuk, Namibia
Du hast Recht, der Personenwagen des 2ten Bildes hat einen Sonnenschutz über den Fenstern. Dieses Bild wurde bereits dem Planungsbericht von 1902 hinzugefügt und soll eine „alltägliche" Situation darstellen, wie sie zukünftig nach der geplanten, beschleunigten Eröffnung der Bahn, nach deren Bau, bereits ab 1906 hätte stattfinden sollen. Der planende Eisenbahningenieur aus Sachsen bereiste zuvor Deutsch Süd-West Afrika und hatte sich bezüglich einiger Fahrzeuge und Bauten von dort orientiert und in seine Planungen mit einfließen lassen.
Die Spurweite von 750 mm war dadurch begründet, daß die Menge der Rohstoffe die Kapazitäten einer 600 mm Bahn bei weitem überschreiten würden und für eine 1000 mm Bahn die örtliche Topografie nicht genug Platz ließe. Auf Grund seiner sächsischen Heimat und daß man gerade in Sachsen mit der 750 mm Spur gute Erfahrungen machte, schlug der Ingenieur vor, die Bahn in 750 mm Spurbreite zu bauen.
Schönen Gruß,
Ingo
DKEV im Bismarck Archipel H0e DCC mit Roco MM Projekt: Preußen Privatbahn L.T.E. 1907
ein sehr interessantes Thema! Du bewegst Dich ja hier im Bereich des "Freelance Prototyping" , wie man im Englischen sagt, somit ist alles erlaubt, was logisch gesehen ins Konzept passt.
[...] Bei den Loks hatte es verschiedene Vorgaben gegeben, die mit den bekannten sächsischen Schmalspurloks jener Zeit nicht realisierbar sind. [...] Da es sich um eine „nie gebaute" aber „geplante" Plantagenbahn handelte habe ich gewissermaßen auch modellbahnerische „Freiheiten" Rollmaterial einzusetzen, speziell Lokomotiven, wie sie es zu jener Zeit gegeben hatte. [...] Deutsch Guinea oder das Kaiser - Wilhelm - Land in Deutsch Neu Guinea ist östliche Teil einer Insel die zu Indonesien gehörte, [...]
Die von dir angesprochene Insel gehörte zu keinem Zeitpunkt zu Indonesien. Den Staat Indonesien gibt es erst seit 1945/49. New Britain gehört heute politisch zu Papua-Neuguinea, das flächenmäßig primär auf der Insel Neuguinea liegt. Die westliche Hälfte davon war ursprünglich eine niederländische Kolonie und wird heute von Indonesien beansprucht. New Britain hingegen war ursprünglich deutsch und stand dann bis zur Unabhängigkeit 1975 unter australischem Einfluss. Lange Rede, kurzer Sinn: - Für die Epoche vor 1914 machen nur deutsche Maschinen Sinn. - Nach 1914 könnte man sich auch Maschinen vorstellen, wie sie z.B. von Fowler für die australischen Zuckerrohrplantagen hergestellt wurden. - Für den Einsatz von niederländische Maschinen sehe ich keine innere Logik.
Ich selbst finde, Brigadeloks passen ins Konzept. Ich würde argumentieren, dass Berlin die Pläne irgendwann absegnete, aber unter Bedingung, dass etablierte Technik verwendet würde. Da kannst du dir dann aussuchen, ob du sagst, es blieb bei 750 mm Spurweite, oder ob Berlin auch Umschwenken auf 600 mm gefordert hätte. Mit der Brigadelok von Minitrains hättest du jedenfalls eine geeignete Zugmaschine. Vielleicht wurde ja von Krauss & Cie. KG das Brigadelokdesign für 750 mm umgearbeitet, um den Ansprüchen in Herbertshöhe zu genügen...😉
Zitat von DKEV im Beitrag #1[...] dort eingesetzte Lokomotivbauarten könnten wohl durchaus auch ins Bismarck Archipel gelangt sein, hätte man die dortige Bahn gebaut.
Wie gesagt, das überzeugt mich nicht so.
Insgesamt sehr spannend und modellbauerisch anspruchsvoll. Deo In Thread ist abonniert.👍
Der Originalplan sah zwar keine Wendemöglichkeiten für Loks in Herbertshöhe vor, dennoch könnte ich mir vorstellen vor dem Bahnhof „Herbertshöhe" an der Bahnstrecke in Richtung „Neu Anklam" einen Anschließer Mittels Gleisdreieck ausführen zu können, so wie es in Deutsch Süd-West mit den Nebenstrecken der Otavibahn auch gemacht wurde, besonders der Grootfonteinbahn. Der planende Eisenbahningenieur schrieb in seinem Bericht, daß ihn die OMEG in Deutsch Süd-West inspirierte. Folglich könnte man, sich selbst daraufhin inspirieren lassen.
Bezüglich der Vorgaben aus Berlin für Kolonialbahnen, wurde in der Tat beschlossen, künftig sich auf die 600 mm Feldspur festzulegen, wenn für die 1000 mm Spur kein Platz vorhanden ist. Die Genehmigung für den Bau in Neu Guinea kam unmittelbar vor dem Verlust der Kolonie und wurde deshalb nicht verwirklicht.
Schönen Gruß,
Ingo
DKEV im Bismarck Archipel H0e DCC mit Roco MM Projekt: Preußen Privatbahn L.T.E. 1907
Kannst du nachvollziehen, wo der Bahnhof von Herbertshöhe (Kokopo) heute läge und evtl. einen Link zu Gogl Maps hier einstellen? Das täte mich doch sehr interessieren. Und zu Neu Anklam finde ich gar nichts. Gibt/Gab es den Ort und wie heißt er heute?
Interessant fände ich auch, zu wissen, welche Güter man da transportiert hätte.
Eine ganze Reihe O&K Loks (u.a.) haben es nach Indonesien und insbesondere Java geschafft, wo sie teilweise heute noch in Zuckerrohrbahnen arbeiten.
Die Gleisanlagen in Herberthöhe versprechen eine ganze Menge Betrieb, das gefällt mir gut. Ich bin gespannt auf einen ersten Anlagenentwurf!
Auf der Insel New Britannia das nördliche Ende an der Blanche Bucht entspricht Herbertshöhe dem Ort Kopoko. Östlich davon liegt auf dem ehemaligen Kap Gazelle ein moderner Flughafen, eines westlich davon gelegenen Ortes, ehemals Neu Ankona. Da wo der Flughafen ist, das war Neu Sassnitz. Etwas südwestlich davon der ehemalige Ort Demmin. Weiter Südlich gibt es einen natürlichen Hafen der Heutzutage noch Rugen Harbour ehemals Rügen Hafen heißt, der Ort heißt heutzutage Lat. Südlich davon gibt es südlich der Sum-Sum Bay den Iltis Point, das ehemalige Kap Iltis. Gefolgt in südlicher Richtung vom ehemaligen Kap Marder. Der nächst größere Fluß mündet in der Nähe von Marai in den Ozean, das müßte das ehemalige Neu Anklam sein.
Weiter südlich des Kap Wiesel gab es noch eine Missionsstation, welche auch um Bahnanschluß bat.
Die Entfernungen sind schon gewaltig, grob geschätzt 300 bis 500 Km zwischen Herbertshöhe und Neu Anklam.
Geplant war eine Küstenbahn auf etwa 250 m über Meereshöhe, um nicht von dort auftretenden Tsunamis zerstört zu werden.
Alle Orte werde ich nicht darstellen können, für den Rangierspaß langt auch eine angeschlossene Plantage, die entweder an der Bahnstrecke liegt oder in der Nähe von der Bahnstrecke davon abzweigt.
Es gibt leider nur einen ungefähren Trassenverlauf, für die Landvermessung hatte man zwei Jahre veranschlagt.
Angelandet werden sollten die Baumaterialien in Rügen Hafen und Herbertshöhe.
Die Ortschaften waren damals nur sehr klein, die ausgedehnten Wälder und verstreut liegenden Plantagen versprachen aber reichlich Tropenhölzer und landwirtschaftliche Rohstoffe.
Schönen Gruß,
Ingo
DKEV im Bismarck Archipel H0e DCC mit Roco MM Projekt: Preußen Privatbahn L.T.E. 1907
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Deutsch Südost Asien - Bismarck Archipel
09.12.2017 00:03 (zuletzt bearbeitet: 09.12.2017 14:34)
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