H0-Modellbahnforum.de - das Forum mit der Forumbahn! » Modellbahn - Planung, Bau und Betrieb » Bahnanlagen beim Vorbild » RE: Endbahnhof Champéry - auch nix mit Umfahren...

Da der Bahnhof Orbe auf reges Interesse gestossen ist, erlaube ich mir hier noch einen Bahnhof zu präsentieren, der einige Ähnlichkeiten besitzt.
Wir begeben uns zuhinterst ins Val d'Illiez im französischsprachigen Teil des Valais (Kanton Wallis). Dort, ganz am Ende, liegt auf 1'050 m ü. M. der kleine Ort Champéry. Seit 1908 verfügt der Ort über einen Bahnanschluss - und bis 1990 war dieser Endbahnhof ein wahres Unikat. Doch seht selbst:
Der ehemalige Endbahnhof Champéry der AOMC
Meterspur, 1908 - 1990, AOMC
Die Westschweiz ist ein wahres Eldorado für Schmalspur-Freunde. Insbesondere Aigle dürfte so manchem Eisenbahnfreund bekannt sein. Hier trifft man auf drei meterspurige Linien der Transport Public du Chablais TPC:
- - Aigle-Leysin AL mit zahnradwürdigen Steigungen bis 230 Promille,
- - Aigle-Sépey-Les Diableret ASD (der Endbahnhof war einst hier im Gleisplanrätsel vertreten) und
- - Aigle-Ollon-Monthey-Champéry AOMC.
Letztere fährt zuerst vom Bahnhof Aigle zur rechten Talflanke des Rhônetals (Ollon), überquert dann die SBB bei St. Triphon und macht dann in Monthey-Ville an der linken Talflanke Kopf. Dann beginnt die eigentliche Bergfahrt von 420 m ü. M. auf drei Zahnrad-Abschnitten nach Champéry auf 1035 m ü. M. Heute endet die Bahnstrecke im 1990 erstellen Endbahnhof direkt bei der Seilbahn Champéry–Planachaux. Diese führt ins Skigebiet Portes du Soleil und der Bahnhof direkt bei der Talstation macht durchaus Sinn. Trotzdem schwenken wir unseren Blick zurück in eine Zeit, als der Bahnhof Champéry noch nicht ein 'normaler' Endbahnhof war.

Wie entzückend! Wieder ein Bahnhof ohne Möglichkeit, einen Zug zu umfahren. Naja, dann werden die AOMC wohl schon immer - auch als sie vor der Fusion noch MCM (Monthey-Champéry-Morgins, letzteren Ort erreichte die Bahn nie!) hiessen, Triebwagen und Steuerwagen eingesetzt haben. Taten sie aber nicht. Nein, die Bahn fuhr stets mit dem Motorwagen an der Spitze. Des Rätsels Lösung liegt in der Gravitation:
Nach Ankunft eines Zuges

wurde die gesamte Anhängelast auf ein Gleis zurückgestossen.

Die Wagen wurden mit Handbremse gesichert und der Triebwagen entfernte sich anschliessend.

Durch den günstigen Umstand, dass das Gleis mit den Wagen nicht in der Horizontalen liegt, konnten nun mittels vorsichtigem Lösen der Handbremse die Wagen in eine sanfte Rollbewegung gebracht werden.
Standen die Wagen nun wieder still, konnte der nun talseitig positionierte Triebwagen seinem Dienst als Rangierfahrzeug nachgehen und - hier beispielhaft dargestellt - einen gedeckten Güterwagen an den Güterschuppen stellen.

Waren schliesslich alle Karten neu gemischt, setzte sich der Triebwagen wieder vor die Wagen im Gleis vor dem Aufnahmegebäude.

Nach Ankuppeln und Bremsprobe konnte der Zug wieder talwärts fahren und auf der Station kehrte wieder Ruhe ein.
Wer sich etwas eingehender mit dem Bahnhof (und anderen schmalspurigen Vorbilder) beschäftigen möchte, dem sei die Publikation "Minimax-Anlagen. Maximale Betriebsmöglichkeiten. Minimaler Platzbedarf." von Herbert Fackeldey empfohlen (ISBN 3-936923-02-7). Dort wird der Bahnhof Champéry mit schönen Bildern und einem sehr kompakten Anlagenkonzept vorgestellt.
Leider sind die Quellen im Internet nicht sehr ergiebig. Eine löbliche Ausnahme bilden die Seiten von Maurizio Polier. Sein umfangreiches Fotoarchiv ist ein grossartiger Fundus für Bilder der Schweizer Eisenbahnen aus vergangenen Zeiten. Für die AOMC empfehle ich als Übersicht:
http://www.polier.ch/page/archiv/Sutter/west-CH/west-CH.htm
und dann insbesondere diese beiden Seiten, wo der Bahnhof Champéry auftaucht.
http://www.polier.ch/page/archiv/Sutter/...AOMC.25a-02.htm
http://www.polier.ch/page/archiv/Sutter/...AOMC.25a-06.htm
Zum Schluss die schlechte Nachricht: Das spannende Rangiermanöver hingegen ist mir bisher nirgends im Netz begegnet. Wer erfolgreicher ist, möge sein Glück mit mir teilen...
Zu allerletzt: wer auf dieser Seite mit alten Plakaten und Postkarten das Bild links, unterste Reihe genau betrachtet, wird feststellen: (sorry, das klappt mit dem Verlinken nicht. Und den ewig langen Selber-Klick-Pfad erspare ich euch.) Fakt ist: früher, da fehlt das Gleis mit dem Gefälle noch! Wie wurde wohl damals der Triebwagen umgesetzt?

Mit dieser Frage wünsche ich euch einen schönen Sonntag und viel Spass beim Knobeln...
Und Edith meinte noch, dass ich ruhig auf die Spurweite hinweisen könne. Damit das Knobeln nur die letzte Frage betrifft...
[ Editiert von markstutz am 04.03.12 10:58 ]
[ Editiert von markstutz am 04.03.12 21:16 ]

Mit einem Seil?
Thomas
Gar nicht, da Zahnradbahn und der Motorwagen talseitig blieb?
Oder mit einem zweiten Triebwagen wie bei der Straßenbahn?

Hallo Thomas, Steffen
Eine korrekte Antwort habe ich nicht. Die Idee mit zwei Triebwagen scheint mir aber schlüssiger als das Seil, obwohl... so rangiert man ja heute noch. Vielleicht doch des Rätsels Lösung? Wir werden es wohl nie erfahren. Aber Hauptsache ist ja auch die gravitative Umsetzung...

Mit zwei Triebwagen erachte ich als unlogisch. Man spart eine Weiche und braucht einen zweiten Triebwagen.
Könnte höchstens dann passen, wenn lange Aufenthaltszeiten vorgesehen sind, so dass ein Tw mit dem Umsetzen immer auf den nächsten Takt wartet. Macht aber bei mitgeführten Güterwagen keinen Sinn. Wäre vielleicht noch ein kleiner "Rangiertraktor" denkbar, bei einem einzelnen Beiwagen ist auch Muskelkraft des Personals denkbar.
Thomas
Ja vor allem weil die Kleinbahnen auch nie mit Reichtum gesegnet waren um unnötige Fahrzeuge vorhalten zu können. Die Taktzeiten dürften damals noch nicht das Problem gewesen sein.
Ich halte mittlerweile die Variante mit den geschobenen Wagen für wahrscheinlich. Freilich ohne eine Belege zu haben, außer:
- Die Flachwagen die ich bei der Bildersuche gefunden habe sehen ähnlich aus wie die Stuttgarter Vorstellwagen.
- Die gedeckten Wagen haben eine Bühne auf der vom Fahrzeug abgewandten Seite. Ich habe noch kein anderes Bilde gefunden.
- Wenn bei der Bergfahrt vor der Zahnradstrecke Kopf gemacht werden muss, würde man sich das umfahren in Monthey-Ville sparen, da der Triebwagen für den Schiebebetrieb bereits am richtigen Ende ist.
Allerdings habe ich gar nichts gefunden das meine Vermutung belegt. Im Gegenteil stehen die Lyra-Bügel bei den von mir und oben von Mark gefundenen Bildern immer so, dass der Triebwagen zieht.
Hallo
Holle hier den schon zwar älteren, aber sehr interessanten Beitrag nochmals hervor.
Bezüglich Umfahrung oder besser Umfahrung des Triebwagen habe ich hier einen Link wo man sieht wie der Wagen "motorlos" verschoben wird.
Anbei der Link (die ersten drei Fotos): http://www.polier.ch/page/archiv/Villoz/...1978/78-082.htm

Hallo Forenkollegen,
eine ähnliche Situation gibt es auf der Isle of Man im Ort Ramsey bei der Manx Electric Railway.
--> Klick <--
Anmerkung: Einbettung im Forum wird für dieses Video nicht unterstützt.
Moinsen,
Geht doch. ;)

Hallo Matze,
so "schlau" war ich auch schon, aber hast du mal versucht das Video im Forum auch anzusehen?
Achso ja, sag das doch gleich.

Hallo ...
Bildbeiträge zur Strecke und zum Bahnhof gibt's im Hifo zu sehen (wieder mal von Herrn Hardmeier ):
(CH) AOMC Aigle, nur noch eine Woche: Zahnrad-Tw 11-12 von 1954 (17B)
(CH) AOMC Aigle, winterlicher Hochbetrieb Zahnrad-Tw 12-14 von 1954 (36B)
(CH) AOMC Aigle, seltener Einsatz von B2 122 mit Zahnrad-Tw 13 von 1954 (22B)
(CH) AOMC Aigle, Stückgutverkehr mit den Sernftaler Tw (30B)
(CH) AOMC Aigle, Sernftaler Tw im zweiten Anstrich (29B)
(CH) AOMC Aigle, Berg-Tw 11-14 im zweiten Anstrich (24B)
Hallo Tom
Vielen herzlichen Dank für die zwei tollen Links der AOMC. Das ist eine sehr reizvolle Bahn (heute natürlich viel moderner aber immer noch sehr Interessant). Vor allem der alte Endbahnhof Champery Reiz mich schon lange und hatte es mal im Kopf diesen ins Modell umzusetzen. Vielleicht wird da wirklich mal etwas daraus :-).

Hallo.
Tom, auch von mir herzlichen Dank für die Links, da habe ich doch gleich noch was zum Schmökern.
Patrick, zwei Dumme, ein Gedanke. Der alte Bahnhof Champery würde mich auch "anleckern".
Im französischen Schmalspurforum gibt es einen aktuellen Fred zur AOMC, weil die wohl in Bälde neues Rollmaterial bekommt. Schöne Bilder von Strecke und noch aktivem Rollmaterial, teilweise ais den 60ern: Link.
Gruß
Jörg

Bitte gern ...
Es werden wohl doch mehr als zwei Hardmeier-Beiträge, siehe oben - da trage ich die links nach ...

Tach.
Herr Hardmeier schreibt im ersten von Thomas verlinkten Beitrag zu den Ex-Birsigtalbahn-TW, dass diese abgebrochen werden. Aussagen aus dem französischen Forum gehen dahin, dass einer davon zurück ins Birsigtal geht und dort museal aufbereitet wird;-))
Im Birsigtal habe ich die ersten zehn Lebensjahre verbracht, deshalb mein Interesse...
Grüße
Jörg

Guten Abend;-)
Ich schon wieder hierzu:
Zitat von Lernkern im Beitrag #14
Im französischen Schmalspurforum gibt es einen aktuellen Fred zur AOMC, weil die wohl in Bälde neues Rollmaterial bekommt. Schöne Bilder von Strecke und noch aktivem Rollmaterial, teilweise ais den 60ern: Link.
Außerdem wird auf den drei Zahnstangenabschnitten zwischen Monthey und Champéry bis Oktober 2016 vom der Zahstange System Strub auf die Zahnstange System Abt umgebaut. Dann haben alle im Transports Publics du Chablais vereinten Bahnen (AOMC, AL, ASF und BVB) dasselbe System und die Triebfahrzeuge können flexibler eingesetzt werden.
Gruß
Jörg