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#1 RE: lange Kurven oder...? von Kaputnik 22.10.2011 17:35

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Hallo,

ich plane eine Anlage und möchte dabei viel Flexgleis verwenden. Den Gleisverlauf möchte ich möglichst realistisch gestalten, und dabei ist folgende Frage aufgetaucht.

Wie wird beim grossen Vorbild der Streckenverlauf dem Gelände angepasst? Gibt es langgezogene, sanfte Kurven, oder legt man solange gerade Schienen, bis es nicht mehr anders geht, und baut dann eine Kurve?

#2 RE: lange Kurven oder...? von tom tofte 22.10.2011 19:31

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Gut nachvollziehen wie die Projektierung und der Bahnbau verlief, bzw. welche Vorbereitungen und Diskussionen dabei im Vorlauf stattfanden kann man auf manchen Seiten über Einzelstrecken. Wobei meist die Bücher erschöpfender sind als Webseiten. Das Thema ist im Internet sowieso nicht besonders gut dokumentiert.

Allgemein kann man sagen, das es immer ein hartes Ringen um Kompromisse war. Der kürzeste Weg war oft für einen wirtschaftlichen Bahnbetrieb nicht gangbar (Steigungen, Radien, Brücken, Tunnel), zu lang durfte ein Umweg (wegen vertretbarer Radien und Steigungen, usw.) aber auch nicht sein. All dies wurde Monate-, wenn nicht Jahrelang diskutiert (wie heute).

Hier mal ein paar Links zum Thema:

Allgemein eine Art Einführung zum Thema Bahnbau aus:
Bahnbau, Meyers Konversations-Lexikon von 1888
Geschichte der Lokalbahn Ansbach-Leutershausen/Wiedersbach-Bechhofen
Das Falkensteiner Bockerl - Vorgeschichte: Wie es damals war
Das Falkensteiner Bockerl - Der Bahnbau: Der Einsatz hat sich gelohnt

Zum Thema Bögen bzw. Übergangsbögen folgende Links:

Übergangsbogen
Übergangsbogen und Kurvenneigung
Übergangsbogen und Überhöhung

Soweit fürs erste von mir.

#3 RE: lange Kurven oder...? von Nordlicht03 22.10.2011 19:58

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Hi,

selbst im Flachland hat man nicht unbedingt den kürzesten Weg genommen.

Hier ist ein Beispiel (Kleinbahnstrecke Niebüll - Dagebüll):
Ausgehend von Dagebüll: Erst ein 45°-Knick nach links, dann schnurgerade, dann ein scharfer 90°-Bogen nach rechts, dann wieder ein langes schnurgerades Stück und anschließend wieder ein nicht gerade großzüger 90°-Bogen nach links.
Vom Gelände her wäre hier ein direkter gerader Verlauf ohne diese Knicke möglich gewesen, ist nämlich alles absolut plattes Land. Aber vielleicht wollten die Bauern ja ihre Felder nicht opfern?

#4 RE: lange Kurven oder...? von sky_13 23.10.2011 05:49

Hallo Kaputnik,

herzlich willkommen im Forum!

Hallo Tom und Nordlicht!

Ich möchte da auch mal meinen Senf dazu geben.

Die Streckenführung hat sich mit der Entwicklung der Eisenbahn sehr verändert. Zu Beginn gab es nur Gerade und Standardkurven - wie bei der Modellbahn. Man merkte schnell, dass es bei schneller werdenden Zügen einen Schlag tut, wenn der von einer Geraden in eine vorgeformte Kurve überging. Die Stöße unterlagen zusätzlichem Verschleiß.

Die Lösung war die Entwicklung der Übergangsbögen (für Modellbahnen NEM 113), dafür musste aber das Schienenprofil ganz anders gebogen werden. Auch das wurde zunächst fertig an die Baustelle geliefert, später aber auch vor Ort gebogen. Die Ingenieure wurden immer besser in der Anpassung an die Landschaft und in der Bestellung der "richtigen" Schienen. Wurde in der Anfangszeit immer wieder unpassendes Material bestellt, wurden Rücksendungen später nur dann nötig, wenn das Gelände die vorgeplante Streckenführung nicht ermöglichte.

Sowas tritt vor allem im Gebirge auf. Während heute jede Gebirgsformation auch mit Tunneln durchstoßen wird - man nimmt ggf. einfach mehr Beton (und Stahl darin) - konnten Tunnel früher nur in Hartgestein aufgefahren werden. Ein weiches, poröses Gestein musste komplett abgetragen werden oder es wurde umfahren. In solchen Regionen gibt es - ebenso wie in Flusstälern - praktisch keine Gerade, nicht mal in den Bahnhöfen.

Bei den heutigen Strecken mit hohen Geschwindigkeiten werden nach Möglichkeit absichtlich keine Geraden mehr verbaut. Die Lage der Fahrzeuge ist stabiler, wenn die Radreifen nicht exakt mittig sondern etwas außerhalb der Mitte gefahren werden, dann gibt es ein stabiles Gleichgewicht zwischen den Fliehkräften und der Rückstellkraft, die den Wagen wieder in die Mitte zurück treibt. In der Geraden gibt es keine Fliehkraft, so das die Radsätze gerne ins Pendeln geraten, was im Zug sehr unangenehm werden kann.

Herzliche Grüße
hajO

[ Editiert von sky_13 am 23.10.11 5:50 ]

#5 RE: lange Kurven oder...? von Schachtelbahner 23.10.2011 12:48

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Hallo Kaputnik, Vorname wäre schön.

Willkommen hier im Forum.

Zu Deiner Frage Gleisführung.

Das Gelände war zuerst da, dann kam die Bahn und die wurde auf der Kostengünstigsten Strecke gebaut. Wo das bei Dir ist mußt Du halt sehen. Fantasie laufen lassen.

Wenn die Streckenführung feststeht habe ich bei meinem Bau eine dünne Leiste genommen, Alu 2 x 20, diese mit Nadeln an der geraden Strecke befestigt und das freie Ende genommen und gebogen so wie die Streckenführung es erfordert, dann das noch Freie Ende festgemacht und schon liegt die Gleisführung mit sanftem Übergangsbogen ohne große Rechnerei fest.

Das mag die Theoretiker hier nicht befriedigen aber es ist einfach und Praktisch. Im Grunde sagt die ganze Rechnerei nichts anders als das mit der Leiste erreichte.

Man kann auch eine Holzleiste nehmen.

#6 RE: lange Kurven oder...? von cauchy 23.10.2011 13:50

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Moin, Kurt!


Das ist eine gute Methode (auch aber nicht nur für die Verlegung von Gleisen auf der Modellbahn), die ja auch früher oft Verwendung fand (etwa im Schiffsbau).

Und Theoretiker hat das soweit überzeugt, daß man heutzutage am Computer mit den sogenannten "Splines" in vielen Anwendungen ähnliches - nur eben mathematisch übesetzt und am Computer modelliert - nutzt.

Wie mein Analysis-Professor immer sagte:"Es ist nichts so praktisch wie eine gute Theorie!"


Grüße,
Harald

#7 RE: lange Kurven oder...? von Kaputnik 23.10.2011 14:11

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Hallo miteinander,

erst einmal vielen Dank für die Antworten. Vor allem Sky_13 hat mir sehr geholfen. Ich werde nun, wo es geht, Geraden verwenden, und dann mit dem Flexgleis Übergangsbogen bilden, und die Kurven anschließen.

Bei Google Maps habe ich mir die Bahnstrecke Plattling–Bayerisch Eisenstein näher angesehen. Hier gibt es zwischen Oberkandelbach und Grafling eine doppelte Kehrschleife. Die südlichste Kehre habe ich so weit es ging gezoomt. Das Bild zeigt deutlich, dass hier Geraden von etwa 60 m durch Kurvenstücke verbunden sind.



[ Editiert von Kaputnik am 23.10.11 14:13 ]

#8 RE: lange Kurven oder...? von cauchy 23.10.2011 14:16

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Hallo, Namenloser (hier wäre ein realer Name toll)!


Ich würde nich von der Darstellung einer Strecke in irgendeiner Karten-Zoomstufe von Google auf die tatsächlichen Radien der Strecke schließen ...

Dann eher das echte Bild nehmen und die Strecke angucken.


Grüße,
Harald

#9 RE: lange Kurven oder...? von smoker 23.10.2011 14:20

Genau, wenn du schon mit Google Maps arbeitest nimm die Satellitenbilder da kannst du besser mit arbeiten aber verlasse dich nicht auf den Maßstab der ist ungenau.

#10 RE: lange Kurven oder...? von Schachtelbahner 23.10.2011 14:20

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Hallo Harald.

Das stimt ja alles aber die Programme sind nicht mein Freund. Ich wollte eben eine Zeichnung machen, das gebe ich aber auf.

#11 RE: lange Kurven oder...? von sky_13 23.10.2011 14:46

Hallo Hermann Kaputnik,

15 m bzw später 30 m war zwar lange Jahre die "Standard-Gerade". Aber das Sat-Bild zeigt keine abschnittsweisen Geraden. Es gehen aber verschiedene Radien ineinander über. Die falsche Darstellung der digitalen Karte ist sicher entstanden, da alle Internet-Karten aus Punkten interpoliert werden. Dann zeichnet das Programm Splines, die der Realität nahe kommen, aber nicht unbedingt entsprechen.

Herzliche Grüße
hajO

#12 RE: lange Kurven oder...? von Kaputnik 23.10.2011 15:42

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Hall Harald,

Zitat
[b]Hallo, Namenloser (hier wäre ein realer Name toll)!



mein Name steht doch in der Signatur?

Zitat
Ich würde nich von der Darstellung einer Strecke in irgendeiner Karten-Zoomstufe von Google auf die tatsächlichen Radien der Strecke schließen ...

Dann eher das echte Bild nehmen und die Strecke angucken.



Da habe ich wohl zu sehr Google vertraut. Das Satellitenbild zeigt den Kurvenverlauf ohe Geradenstücke.

#13 RE: lange Kurven oder...? von Kaputnik 23.10.2011 15:52

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Hallo sky_13,

Zitat
Die falsche Darstellung der digitalen Karte ist sicher entstanden, da alle Internet-Karten aus Punkten interpoliert werden. Dann zeichnet das Programm Splines, die der Realität nahe kommen, aber nicht unbedingt entsprechen.



Da habe ich mich leider geirrt.

Aber nun geht es voller Elan ans Planen. Ich komme gerade aus meinem Eisenbahnzimmer. 4 * 4 Meter stehen zur Verfügung. Als Gleismateral werde ich Tillig Elite verwenden. Als Vorlage für den Bahnhof wird Kaltennordheim dienen. Der Rest der Anlage wird viel Landschaft. Ich stelle mir u.a. ein weitläufiges Tal vor, in dem die Höhenunterschiede in zwei Schleifen überwunden werden.

Die Strecke nach Bayrisch Eisenstein bin ich übrigens schon mal mit einem historischen Zug gefahren. Zugpferd war die 18478.

#14 RE: lange Kurven oder...? von cauchy 23.10.2011 15:55

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N'Abend!


Zitat
Gepostet von Kaputnik
Hall Harald,

Zitat
[b]Hallo, Namenloser (hier wäre ein realer Name toll)!



mein Name steht doch in der Signatur?




Sorry, den hatte ich dann wohl übersehen!


Grüße,
Harald

[ Editiert von Moderator cauchy am 23.10.11 15:56 ]

#15 RE: lange Kurven oder...? von sky_13 23.10.2011 16:26

Hallo Kaputnik Hermann,

zu 4 x 4 m fällt mir ne alte Planung wieder ein, die ich als Prinzipskizze der Raumaufteilung mal zum Besten geben möchte:



oben in der Mitte steht eine Mittelkulisse, um die eine einspurige Nebenbahn herum muss. So erhälst Du drei Schleifen mit sehr vielen Gestaltngsmöglichkeiten. Es war der Gedanke unten den Bahnhof als beidseitiges Ende der Landschaftsstrecke anzuordnen. Vielleicht ein Ansatzpunkt weiteren Planens. Im Detail kommt es aber auf Lage von Türen und Fenstern bzw. Leitungen und Pfeilern an. Du bist herzlich eingeladen, auch Deine Ideen hier vorzustellen.

Herzliche Grüße
hajO

#16 RE: lange Kurven oder...? von Kaputnik 23.10.2011 17:40

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Hallo hajO,

inzwischen habe ich, gemäß meiner ersten Planung, Dachlatten auf den Fussboden gelegt - in Form der Anlage. Wegen der Lage der Türe habe ich dann die Anlage um die Mittelachse gespiegelt.



Die Skizze ist leider nicht maßstabsgetreu.

Vor der Türe muss ich natürlich eine Klappe vorsehen. Der Kamin stört sehr, aber das läßt sich nicht ändern.

Beim Bahnhof hat die Anlage eine Tiefe von 80 cm. Die Mittelkulisse wird 1,60 * 1,60.

#17 RE: lange Kurven oder...? von sky_13 23.10.2011 18:38

Zitat
Gepostet von Kaputnik
Der Kamin stört sehr, aber das läßt sich nicht ändern.



Hallo Hermann,

So ist das auch in der Realität. Irgendwas steht meist im Weg. Also drum herum planen.

Den Mittelschenkel würde ich nicht als Tal planen, sondern alles entlang des auf dem Kopf stehenden ”M” als Talhang. Dann wird auch deutlich, warum sich die Bahn da drum herum schlängelt. Da ist ein bischen Phantasie gefragt, eine realistische Gestaltung hin zu bekommen. Ein tief eingeschnittenes Flusstal war aber schon immer eine Herausforderung für Bahnplaner.

Herzliche Grüße
hajO

#18 RE: lange Kurven oder...? von Kaputnik 24.10.2011 18:58

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Hallo hajO,

Zitat
So ist das auch in der Realität. Irgendwas steht meist im Weg. Also drum herum planen.


Eine Hindernis war der nur teilweise ausgebaute Dachboden. Ich habe eine Seitenwand entfernt, den dazugewonnenen Raum ausgebaut, isoliert, Beleuchtung und Steckdosen eingebaut.
Und nun habe ich statt 2,80 * 4 stolze 4 * 4 Meter.;-)

Zitat
Den Mittelschenkel würde ich nicht als Tal planen, sondern alles entlang des auf dem Kopf stehenden ”M” als Talhang. Dann wird auch deutlich, warum sich die Bahn da drum herum schlängelt. Da ist ein bischen Phantasie gefragt, eine realistische Gestaltung hin zu bekommen.


Das ist eine interesssanter Vorschlag.

Ich habe mir den Profilverlauf jedoch wie folgt vorgestellt:




Das Tal ist also eigentlich lediglich eine flache Senke. Die Bahnstrecke könnte von der rechten Bahnhofsausfahrt langsam abfallen, den Berg rechts unten im Bild durchbrechen, und dann im Tal die beiden Schleifen drehen, um an Höhe zu gewinnen.
Im nächsten Bild habe ich dies mal skizziert.



[ Editiert von Kaputnik am 24.10.11 19:01 ]

#19 RE: lange Kurven oder...? von sky_13 24.10.2011 19:35

Hallo Hermann,

ich würde den Mittelteil nicht doppelt umfahren. Was hälst Du von der Lösung (zugegeben innovativ, aber mit großen Radien):



In der Mitte ist so eine Art Tafelberg mit Burg darauf. Könntest sogar noch nen Haltepunkt unten einrichten und einen Wanderweg zur Burg anlegen.

Herzliche Grüße
hajO

#20 RE: lange Kurven oder...? von Kaputnik 25.10.2011 18:55

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Hallo hajO,

die Lösung mit dem Burgberg finde ich recht gelungen, und auch landschaftlich reizvoll.

Gestern habe ich Schienen lose auf dem Boden verlegt, und mit der Schleife experimentiert. Dabei kam mir zuerst die Idee, den linken Zugang teilweise, und dann ganz verschwinden zu lassen:



Dadurch ergäbe sich eine geschlossene Fläche von 2,50 * 2,70 Meter!
Ich müßte dann zwei Mannluken vorsehen, oder - was etwas unbequem ist - eine Art von Montagebrücke, die man bei Bedarf über der Anlage anbringt. Der rechte Rand der Anlage (Pfeil) müßte dann verstärkt werden, und auf der Anlage ein Widerlager geschaffen werden.
Umständlich ist das schon. Aber wenn ich mir vorstelle, wie ein Zug sich über die Schleifen aus der Talsohle nach oben arbeitet, und der Blick über die weite Fläche gleitet, dann ist es mir den Aufwand wert.
Und die Gleisradien wären mit 160 bzw. 190 cm gigantisch.

[ Editiert von Kaputnik am 25.10.11 18:55 ]

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