Für einen Kollegen, der zum Juni in den wohlverdienten (Un-)Ruhestand gegangen ist, habe ich zum Abschied ein kleines Modul gebaut. Es ist 50 cm x 50 cm groß und hat den Titel Geislingen (Steige). Mein Kollege hat viele Jahre auf dem Bahnhof Geislingen (Steige) verbracht und bezeichnet diese Jahre als die schönsten seiner Zeit als Eisenbahner.
Inspiriert durch den Kibri-Bausatz war klar dass ich ihm eine kleine Erinnerung an diese Zeit erbauen will. Nun muss ich dazusagen, dass ich gute fünfzehn Jahre keinen Modellbau mehr betrieben habe und erstmal recht planlos dastand. Auch einiges an Werkzeug war leider durch Kelleraufbewahrung und Umzüge nicht mehr so super und musste ersetzt werden.
In meiner Idee sollte das Stellwerk „Gf“ der Blickfang des Moduls sein vor dem Stellwerk ein paar Gleise entlangführen, wo mein Kollege eines seine E 94 aufstellen kann. Schließlich sind diese Jahr viele Jahre als Schublok auf der Geislingen Stege im Einsatz gewesen. Beim Gleisplan wollte ich mich an der Zeit vor dem Abriss der Gütergleise orientieren, da ich unbedingt ein bis zwei Weichen mit dabei haben wollte. Der Bereich links und rechts des Stellwerks soll sich am Original orientieren. Warum „nur“ orientieren? Die Umgebung des Vorbilds sieht ja nun nicht so einladend aus, im Modell sollte es eben schön aussehen aber mit dem gewissen Wiedererkennungswert des Originals.
Bevor ich ein paar Stationen vom Bau des Dioramas erläutere, gibt es erstmal ein Foto vom fertigen Modul.
Das Diorama "Geislingen (Steige) Gf Gesamtansicht
Der Bau:
Wie ja oben erwähnt wusste ich erstmal noch nicht so richtig, auf was ich mich eingelassen habe und kaufte erstmal den Bausatz. Dieser war auch „schnell“ aufgebaut und so konnte ich mir erstmal die endgültige Größe des Dioramas besser vorstellen. Von den ursprünglich geplanten 30 cm x 30 cm bin ich ganz schnell abgerückt und habe mich für die endgültigen 50 cm entschieden. Mit ein paar Roco-Gleisen habe ich dann mit probieren den Gleisplan erarbeitet und machte mich auf den Bau des Rahmens.
Der Rahmen besteht aus 10 mm starken Pappelsperrholz, welcher grau lackiert ist. Die Grundplatte ist eine eingelassene Styroporplatte, welche mit Abtönfarbe braun lackiert wurde. Bis dahin kein Problem, ist ja „nur ein bisschen Holzbau“.
Inzwischen trudelten schon die ersten Gleise ein und da war das erste Problemchen. Kein Werkzeug zum trennen der Gleise und warum zum Teufel mache ich mir auch noch den Aufwand mit den nicht rechtwinkligen Gleisabschnitten. Na also erstmal einen Dremel bestellt, hatte ich ja früher mal und war immer zufrieden.Dank Corona war ja „mal schnell in den Baumarkt“ nicht ohne weiteres möglich und so musste ich erstmal ein paar Tage pausieren. War aber auch nicht so schlimm, die Wartezeit konnte ich gut mit Weiterbildung im Modellbau nutzen. Nachdem der Dremel nun angekommen war, ging es auch gleich ans Werk und meine Ängste und Zweifel lösten sich in Luft auf. Der Schnitt der Gleise verlief fantastisch einfach. Anschließend wurden noch die Gleise verklebt und mit brauner Farbe sowohl die Gleise als auch die Schwellen patiniert. Die passenden Farben habe ich vorher auf einem Restgleis getestet. Die Mischung aus Lederbraun und Modelmaster "Gummi" hat mir besonders gefallen. Übrigens ist es erstaunlich, dass meine ganzen Farben, die teilweise 15-20 Jahre alt sind, bis auf wenige Aufnahmen noch verwendbar sind.
Der fertige Modulkasten mit den verlegten aber noch nicht patinierten Gleisen und dem „Übungsbausatz“ vom Stellwerk
Das Schottern - eine Wissenschaft für sich. Nachdem ich die oben erwähnte Wartezeit mit dem endlosen studieren von Forumsbeiträgen und YouTube-Videos verbracht habe und die Gleise fest waren, ging es ans schottern. Mit Teelöffel, kleinen und großen Pinsel, Schotterkleber und Spritze garniert mit einer großen Prise Geduld kann man wirklich schöne Ergebnisse erzielen. Mein letzter Schotterversuch vor fünfzehn Jahren ging ziemlich in die Hose und so hatte ich großen Respekt vor der Arbeit. Aber man reift eben mit dem Alter und das schlug sich glücklicherweise auch aufs Endergebnis nieder.
Die ersten Zentimeter Gleis sind geschottert und patiniert und die Oberleitungsmasten stehen
Fertig mit schottern und inzwischen sind auch die Kabelkanäle verlegt.
Da sich unmittelbar nach dem Bau des Stellwerks die von mir eingebaute Innenbeleuchtung des Bedienraumes gelöst hatte und die es keine Möglichkeit gab, diese wieder zu befestigen, entschloss ich mich, das Stellwerk noch mal erneut aber diesmal richtig aufzubauen. Ich ahnte ja nicht, wie detailverliebter ich mit jedem Bauschritt wurde und was für Zeit das verschlingen würde.
Jedenfalls habe ich mir erstmal die Pläne vom Stellwerk sowie in paar Bilder vom Bedienraum besorgt. Dank meines Berufes war der Zugriff auf die Unterlagen glücklicherweise kein Problem. Dank der Unterlagen und Fotos habe ich am PC das Bedienpult nachgezeichnet und anschließend maßstäblich verkleinert. In der Zwischenzeit habe ich mich an Polystyrolplatten versucht und fand Modellbau damit sehr einfach. Also weiter ging es mit dem Bau des Möbels und eine erste Stellprobe mit auf Kopierpapier gedruckten Stellpultes zeigte schon ein sehr erfreuliches Resultat.
Das Stellwerksmobiliar in einer ersten Stellprobe
Nun stelle sich die Frage, wie ich die Inneneinrichtung unter und neben dem Bedienraum gestalte. Während die Rückseite des Gebäudes nicht eingerichtet werden musste, lag der Hauptaugenmerk auf Treppenhaus sowie die Ausgestaltung eines Relaisraumes. Wie dies nun realisieren? Ganz einfach, mit den Polystyrolplatten. Also ran an Stahllineal sowie Bastelmesser und los gehts. Höhe und Breite ausmessen, Platten zuschneiden, verkleben und fertig. Mit dem Kauf der Polystyrolplatten habe ich gleich Treppen und Geländer im Maßstab 1:100 gekauft. Gibt es in gut sortierten Architekturbedarf wie modulor in Berlin. Kannte ich ja noch aus meiner aktiven Bastelzeit damals. Nachdem alles verklebt war, wurden das Innenleben als auch die Außenwände von innen mit schwarzer Farbe besprüht, um das durchscheinen von Licht zu verhindern. Anschließend wurden die Teile in Ihrer endgültigen Farbe lackiert. Auch die Tische für den Bedienraum, welche aus dem Bürosets von Faller entnommen sind, wurden bei dieser Aktion auch gleich farblich behandelt. Die Tischplatten sind in ocker besprüht und die Tischbeine im Anschluss grau mit einem kleinen Pinsel lackiert. Und weil das soviel Spaß gemacht hat, habe ich auch die Stühle schwarz angemalt, die Möbel farblich gestaltet und die vielen kleinen Geräte wie Computer, Telefon, Sprechanlage gleich mit. Ich weiß nicht, warum ich mich bisher immer so gegen die Tätigkeit der Bemalung gewehrt habe. Das entspannt total und macht richtig Laune.
Das Innenleben von hinten und vorn und nach dem lackieren
Der fast fertige Bedienraum
Für den Relaisraum habe ich für das Gestell eine Grundplatte aus Polystyrol zurechtgeschnitten und mit Relaisgestellen verklebt, die ich im Vorfeld wieder am Rechner nach Vorlage von Fotos gezeichnet habe. Es sind Nachbildungen der tatsächlich dort verbauten Relaisgruppen eines Lorenz Sp Dr L30-Stellwerkes - Thema detailverliebt. ;-) Das fertige Relaisgestell wurde dann anschließend in der entsprechenden Etage verklebt und mit Schreibtisch sowie zwei Signalwerkern ergänzt. Eine Beleuchtung musste natürlich auch noch rein.
Der Relaisraum mit den zwei Signalwerkern
Auch das Treppenhaus nahm inzwischen Form an und wurde mit Geländern versehen und per SMD-Leds beleuchtet. Im übrigen mein erster Bastelspaß mit den kleinen LEDs und ich bin begeistert. So begeistert, dass ich aus den Lampenattrappen auch noch Funktionsmodelle gebaut habe. Genial diese kleinen Dinger.
Blick auf das Treppenhaus und die Relaisgestelle
Nun ging es an den Bau des zusätzlichen hohen Anbaus rechts. Dieser fehlt leider im Bausatz und entstand aus Bastelplatten von Auhagen. Das Stellwerk wurde in den 80er Jahren um diesen Anbau mit der Erweiterung des Stellbereiches ergänzt ziert seitdem das Gebäude. Weiterhin wurden die Außenfassade patiniert, was ich wunderbar am ersten Bauversuch des Stellwerkes testen konnte. Da geht ganz schön Zeit drauf. Aber soll ja auch schön aussehen. Endlich konnte der Zusammenbau erfolgen und das Stellwerk auf das Modul geklebt werden. Anschließend wurde noch die Beleuchtung angeschlossen und natürlich auch gleich getestet.
Das fertige Stellwerk bei Tageslicht…
…und der erste Beleuchtungstest
Nachdem der Bau des Stellwerkes fertig war konnte ich mit der Gestaltung des Dioramas beginnen. Puh, hatte ich davor Bammel. Ehrlich gesagt, habe ich das letzte Mal mit Grasmatten und dem ganz einfachen Streu aus Sägemehl oder was das ist, gearbeitet. Nun aber wollte ich unbedingt Wiesen gestalten wie die Profis. Jedenfalls habe ich mir ein Begrasungsgerät bestellt und das kam dann auch endlich eine Wochen vor der Angst. Damit habe ich erstmal auf Pappen ein wenig geübt und war sehr begeistert. Also konnte es ja auf dem Diorama losgehen. Gleich der erste Versuch auf dem Diorama war für den A…Also alles abgewischt und nochmal. Voila, es hat geklappt. Also weiter mit der kleinen Rasenfläche links vom und der Bereich vor dem Stellwerk. Zum Glück auch alles gutgegangen. War ja nicht mehr viel Zeit und inzwischen waren die Übergabe nur noch drei Tage entfernt. Diese drei Tage verbrachte ich dann mit den restlichen Gärtnerarbeiten wie den Bäumen, den Büschen und den kleinen Pflanzen sowie kleinen Restarbeiten. So war ich pünktlich am Abend vor der Übergabe fertig und konnte diese Zeit für ein paar Fotos unter freien Himmel nutzen.
Am nächsten Mittag war es dann so weit, der Tag der Übergabe. Und die Reaktion meines Kollegen, als er das Modul offiziell von unser Abteilung überreicht bekommen hat, war schlussendlich der Lohn für die Mühe. Er hat sich riesig gefreut.
Was jetzt noch fehlt ist ein Staubschutz, diesen werde ich in den nächsten Tagen noch beauftragen. Dafür lasse ich eine Plexiglashaube anfertigen.
So und hoffe ich, euch nicht zu sehr mit meiner Geschichte gelangweilt zu haben und wünsche Euch viel Freude beim Bilder gucken. :-)
Hier gibts nämlich noch ein paar Impressionen:
Das Diorama "Geislingen (Steige) Gf mit 232 221 am Tage
Das Diorama "Geislingen (Steige) Gf mit 232 221 in der Dämmerung
Blick zu den Fahrdienstleitern, die sich anlässlich des letzten Arbeitstages meines Kollegen im feinsten Zwirn erschienen sind.
Das Stellwerk „Gf“ des Bahnhofs Geislingen (Steige) in der Vorderansicht
Der ausgestattete Bedienraum der Fahrdienstleiter
Blick in den Relaisraum
Grüße Thomas
holzwurm
hat folgende Bilder an diesen Beitrag angehängt
wow, das schaut wirklich klasse aus! Und die vielen Details wie im Fahrdienstleiterraum oder auch die Relaisanlage sind richtig gut geworden. Kann ich nur meinen Hut vor ziehen!
Hallo Thomas, da hast Du nach der langen Abstinenz Zeit ja gleich ein umwerfendes Modul hingezaubert. Da glaub ich gern, daß der Kollege sich riesig darüber gefreut hat. Echt eine Meisterleistung, sag ich da einfach mal! Gruß Carsten
HO 2 Leiter, DR Ep.IV, IB - COM, melden und schalten mit Uhlenbrock, bleibe bei TC9 Gold, Piko A,
vielen Dank für Euer Lob. Und ja, ich bin wieder vom Modellbauvirus infiziert. Wie konnte ich nur so lange ohne? :-D
Im übrigen war das Projekt die Entscheidung, Mich zukünftig eher dem Modul- statt Anlagenbau zu widmen. Wenn wieder Modellbahnwetter ist, will ich mir aus zwei bis drei Segmenten einen kleinen Endbahnhof einer Stichstrecke bauen. Und auch da ist wieder ein Stellwerk zu bauen. Aber diesmal mechanisch. Die Hebelbank ist schon da. :-)
Direkt nach dem Betrachten deiner Bilder und Lesen deiner Geschichte, habe ich mir mal wieder meinen Laugenturm angesehen. Vielleicht packt's mich ja auch wieder;-)
wenn dieses Diorama nach 15 Jahren Pause entstanden ist, dann bin ich gespannt auf weitere Projekte und wie das dann wird, wenn Du wieder im Training bist ;) Chapeau!
Hallo Thomas, klasse Modellbau. Auch die ganzen Details von der Inneneinrichtung. Toll. Ist doch schön wenn man jemanden so ein Geschenk und eine Freude machen kann. Bei deinem Bericht dazu musste ich echt schmunzeln. grüsse Felix
Wow, bin begeistert! Ehrlich gesagt bei Deinen Impressionen von Tag und Abend Aufnahme dachte ich zuerst es handelt sich um Vorbildaufnahmen, bis ich mir gedacht hatte "Moment - zwei mal die gleiche Lok in ähnlicher Position? Da stimmt was nicht!" , dann der zweite Blick " Beleuchtung im Führerstand sieht mir zu warm aus und der ist im Original nie und nimmer rot lackiert!" Dann die Erleuchtung - Ahhhhh das ist das Modell!!! echt klasse Bilder.
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28.07.2020 19:35 (zuletzt bearbeitet: 28.07.2020 20:19)
Antworten
, was Du uns da präsentiert.
