die Geschichten von Kurt (HIER nachzulesen) finden sicherlich nicht nur bei mir Anklang. Im Jahr 2003 habe ich mal eine Bahnfahrt von Hagen nach berlin und zurück via Dresden gemacht, die grade auf der Rückfahrt ziemlich in die Hose gegangen ist. Darüber habe ich damals eine kurze Geschichte geschrieben, vielleicht findet die bei dem ein oder anderen auch Anklang.
Deutschlandreise oder Eine Bahnfahrt endet im Taxi (nach einer wahren Begebenheit)
Kapitel 1 Berlin ist eine Reise wert
Am Donnerstag den 29.Mai 2003 betrete ich bei schönstem Wetter den Hagener Hauptbahn-hof. Es ist Himmelfahrt, daher ist viel los. Mein Reiseziel Berlin ist auch sehr gefragt, denn dort ist „Ökonomischer Kirchentag“ und am Samstag das DFB-Pokalfinale, der Grund warum ich dorthin möchte. Daher konnte auch erst in dem ICE um 12:35 ein Sitzplatz für mich reserviert werden, nicht wie geplant um 10:35. Auf den Abfahrtsplan geschaut, ah ja Gleis 5/6 und noch fast eine halbe Stunde Zeit. Dann am Bahnsteig „Zug xyz fährt heute von Gleis 7/8“. Also, Völkerwanderung von meinem Bahnsteig zum anderen Bahnsteig. Dann die Meldung „ICE aus Berlin wird vorrausichtlich 10 Minuten verspätet sein“. Ich denke, klasse, der richtige Tag zum Bahnfahren! Auch die Regionalbahn aus Kassel und die aus Siegen mit „vorrausichtlich 10 Minuten Verspätung“. Aber, oh Wunder, mein Zug ist pünktlich, auf die Minute! Vorher hatte ich noch geguckt, Wagen 32 hält im Abschnitt C-D, schön, dass der komplette Zug im Abschnitt A-B zum Stehen kommt, also rennen! Rein in den Zug, proppenvoll! Jugendliche liegen auf ihren Rucksäcken im Eingangsbereich. Mein Platz, nicht besetzt, wie so viele andere, dafür entgegen der Fahrtrichtung und am Gang. Was soll’s, Hauptsache sitzen! Dann Abfahrt, auch pünktlich. In schneller Fahrt durch Schwerte und Unna, Ankunft in Hamm, pünktlich. Auch der Zug durchs Ruhrgebiet, mit dem wir gekuppelt nach Berlin fahren, ist pünktlich. Punkt 13:10 setzt sich der Zug in Bewegung. Der Lärmpegel im Großraumwagen ist gewaltig, kleine Kinder und vor mir mehrere Männer mit enormem Bierkonsum. Die Musik des bordeigenen Rock/Pop-Kanals übertönt das meiste, war also richtig die Ohrhörer mitzunehmen. „Meine Damen und Herren, in Kürze erreichen wir Bielefeld“, auch wieder pünktlich. Läuft ja alles bestens, auch Hannover und Wolfsburg werden pünktlich er-reicht. In Hannover setzt sich Pater James aus Nigeria neben mich, bis Berlin erfolgt nun eine Unterhaltung auf Englisch über Nigeria, warum fahren wir nach Berlin und über Gott. James zitiert aus der Bibel, dem einzigen Gepäckstück, dass er bei sich hat. Er zeigt mir das Foto seiner Frau und seiner vier Kinder, da fahren wir durch Berlin-Spandau. Also, Tasche von oben runterhieven und Richtung Tür drängeln. „Meine Damen und Herren, in Kürze erreichen wir Berlin-Zoo. Wir möchten uns von Ihnen verabschieden und wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt“. Schlag 16 Uhr hält der Zug am Gleis 4, zwei Minuten vor Plan. Da sage noch einer die Bahn könne nicht pünktlich sein. Alle Mann raus aus dem Zug und dann die Tante suchen. Eine nahezu perfekte, kurzweilige Bahnreise ist zuende.
Kapitel 2 An Bord des EC Vindobona
Die Rückfahrt, am 4. Juni soll dann über Dresden führen, da dort noch der Besuch des Verkehrsmuseums geplant ist. Es heißt also früh aufstehen, so um 6:15 Uhr, denn icke (mittlerweile berlinere ich ein bisschen) muss ja noch Tasche packen, mit Onkel und Tante frühstücken und dann zum Bahnhof Zoo. Lieber zu früh da sein, als zu spät, eine halbe Stunde eher ist in Ordnung. Gleis 3 fährt der Zug um 9.31 Uhr ab. Schon viel los am Bahnsteig, ein Regi-onalexpress jagt den anderen. Dann der Berlin-Warszawa-Express, gezogen von einer DB-Cargo 180, aber das ist doch kein Viehtransport! Dann die Durchsage: „EC 173 aus Hamburg zur Weiterfahrt nach Dresden, Prag, Wien vorrausichtlich 5 bis 10 Minuten verspätet.“ Egal, hab ja Zeit in Dresden. Um 9:35 rollt der Zug in die Halle, auch hier hält Wagen 259 in einem anderen Abschnitt. Macht nichts, man ist ja jung. Rein in den Zug, diesmal Fensterplatz, aber wieder gegen die Richtung. Und der Kaffee des Reisenden vor mir steht auch noch da, Zucker brauchte er wohl nicht, der ist nämlich auf dem Sitz. Aber es gibt Schlimmeres. Dann geht´s los, noch ein letzter, wehmütiger Blick auf Siegessäule, Reichstag und Alex, warum fährt die S-Bahn schneller als wir, ein kurzer Halt im Ostbahnhof und raus aus der Großstadt. Noch ein Halt in Berlin-Schönefeld-Flughafen und dann sind wir entgültig raus aus der Hauptstadt. In meist recht zügiger Fahrt geht´s übers platte Land. Dabendorf, Zossen, Uckro fliegen vorbei, dann einer der kleinsten Turmbahnhöfe Doberlug-Kirchhain. Dabei die mitgebrachten Schrippen (ich bin ja Berliner geworden) essen. Die Krümmel gesellen sich zum Zucker, kurz ein schlechtes Gewissen deswegen, aber was der mit dem Zucker darf, darf ich auch mit den Krümmeln. Dann dösen, der Rock/Pop-Kanal ist auch schlechter als auf der Hinfahrt. Großenhain, das kenn ich, schon mal mit dem Auto durch und schon wieder hellwach. In flotter Fahrt durch Neucoswig, Überraschung nicht durch Radebeul, sondern über Cossebaude und durch Dresden-Friedrichstadt. Ausstieg Dresden Hbf, pünktlich 11:45 Uhr, schon wieder viel zu warm und ab zum Verkehrsmuseum. Halt, Stopp, erst die Reisetasche ins Schließfach. Die Tasche passt mit Zwängen und Drücken so eben, dann sehe ich es gibt zwei Größen und ich hab die kleinere. Egal Tasche ist drin und nachher bloß pünktlich sein.
Kapitel 3 Wir kreisen das Ziel ein
Überpünktlich zurück am Hauptbahnhof, Tasche geholt und zum Bahnsteig 14. Eine Stunde noch bis zur Abfahrt, genug Zeit um durchs eben erworbene Büchlein „Die Eisenbahnfahrzeuge des Verkehrsmuseums“ zu blättern. Nebenbei Fotos von CSD-372, ozeanblau-beiger 364 (da muss man nach Dresden um die Lok in der Lackierung zu sehen!!) und einer DB-Cargo 298. „Verspäteter IC 2049 aus Köln zur Weiterfahrt als IC 2146 um 15:11Uhr nach Magdeburg endet in Dresden-Neustadt. Reisende zum IC 2146 benutzen bitte bis Dresden-Neustadt die S-Bahn von Gleis 8.“ Klasse, denke ich, das würde dir jetzt passen. Die Massenflucht vom Gleis 14 ebbt gerade ab, da kommt die nächste Durchsage „ICE 1559 von Frankfurt/Main zur Weiterfahrt als ICE 1554 nach Saarbrücken ist ca. 10 Minuten verspätet!“ Also, auch S-Bahn zum Neustädter Bahnhof. Kurz darauf kommt der Zug dann doch, Wagen 23 steht genau vor mir. Platz 66 ist ein Fensterplatz in Fahrtrichtung, endlich mal Glück gehabt. Aber zu früh gefreut, in Leipzig ist ja Fahrtrichtungswechsel. Pünktlich setzt der ICE-T sich in Bewegung, vorbei am Tabakkontor und über die Elbe, kurzer Stopp in Dresden-Neustadt und weiter in schneller Fahrt durch Radebeul. In Niederau fahren wir 160km/h zeigt das Display im Zug an, dann erklärt es, wer eine blaue Schürze und rote Mütze trägt. Apropos Gepäck, hoffentlich „neigt“ es sich nicht aus der Ablage in den Gang. Alles bleibt, wo es hingehört und auch CD 2 des Rock/Pop-Kanals ist nicht besser als heute morgen. Dann geht´s auch schon hinterm Haus der Tante in Nünchritz vorbei, langsam über die Elbe in Riesa, dort staunen, es gibt doch noch Güter auf der Schiene und wieder beschleunigen auf 160km/h. Dann blinkt auf „In Kürze erreichen wir Leipzig Hbf“, aber wir sind doch noch nicht durch Wurzen, oder? Um 17:18Uhr jagen wir durch Wurzen, sollten wir nicht schon in Leipzig sein? 17:23Uhr, wir sind in Leipzig, wir sind im größten Kopfbahnhof der Welt! 17:27Uhr ist Abfahrt, jetzt wiedermal rückwärts und 5 Minuten zu spät, kein Grund zur Sorge, in Eisenach hab ich ja 12 Minuten. Chaos, weil der Zug vollgeworden ist und kaum jemand reserviert hat. Ich sehe es nur, denn „Die Bahn und Universal-Music“ präsentieren mir gerade CD 3 des Rock/Pop-Kanals. HipHop, nichts für mich, also wechseln und Radio hören „Jump FM“. Flott und stark geneigt rasen wir durch Großkorbetha, dann Weißenfels. Wo ist denn der große Rangierbahnhof hin? Naumburg auch noch schnell und dann bremsen, bremsen. 116km/h, 95km/h, 78km/h, 59km/h und dann 0km/h. Wir stehen, die Kleingärtner unter uns schauen, ich würde auch gern wissen, warum wir stehen. Die Zeit verrinnt. Ein Blick zur Uhr, es wird knapp in Eisenach. „Meine Damen und Herren wegen einer Weichenstörung verzögert sich unsere Weiterfahrt!“ Warum nicht ab aufs Gegengleis, da rollt´s doch noch. Viertelstunde stehen und plötzlich summt´s im Ohrhörer, wir fahren wieder an. Langsam geht´s durch Großheringen, alles nur Baustelle. Wir nehmen wieder Fahrt auf, Bad Salza wird zügig durchfahren, dann wieder bremsen und wieder Stillstand. Neben mir ein Bahnsteig, Weimar? „Wegen eines Lokschadens an einem Güterzug im Streckenabschnitt vor uns verzögert sich unsere Weiterfahrt. Reisende mit dem Fahrtziel Apolda können in Fahrtrichtung rechts aussteigen!“ Der Zugführer kennt mein Problem in Eisenach und will sich darum kümmern. Endlich geht es weiter. Halt in der Goethestadt, 45 Minuten Verspätung. Hin zum Service-Point in meinem Wagen 23. Jetzt soll ich bis Frankfurt fahren, dort zum Flughafen und dann direkt nach Hagen. Ankunft 23:59, nicht mehr 22:57. Einen Verspätungsgutschein über 10€ gibt´s obendrein. Im BordBistro gibt´s nur Sandwiches, nicht mein Ding. Ankunft in Erfurt, immer noch knappe ¾ Stunde zu spät. „ICE 1750 in Eisenach konnte nicht warten, Reisende Richtung Kassel, Paderborn fahren bitte bis Fulda und steigen dort um.“ Nachfragen, nein für mich ist es schneller über Frankfurt. Mein Platz ist nur bis Eisenach reserviert, ab Fulda für jemand anderen. Kein Problem wir haben genug Platz. In Fulda(+34Minuten) verscheucht mich keiner, also weiter rückwärts durch Fliedern, Schlüchtern, Wächtersbach. Dann Tempo 200 bis Hanau. „Meine Damen und Herren, in Kürze erreichen wir Frankfurt (...) Ihre nächste Reisemöglichkeit Richtung Solingen, Wuppertal um 21:46Uhr ab Gleis 6 zum Flughafen und dort um 21:57Uhr weiter.“ Na prima, klappt ja. Schnell was essen und trinken, anrufen ich bin Punkt Mitternacht da und ab zum Gleis 6. Pünktlich fährt EC 22 „Johann Strauß“ ein. Sitzplatz brauche ich nicht, sind ja nur 10 Minuten bis Flughafen. 21:52Uhr setzen wir uns in Bewegung, wegen Personalwechsel verspätet. Den Anschluss soll ich noch kriegen, ist ja am selben Bahnsteig. Telefon für den Zugführer, irgendwas fällt aus, aber der andere hält außer-planmäßig in Bonn/Siegburg. Nachfragen, ob es mein ICE ist, ja er ist es, war ja klar. Am Flughafen noch mal nachfragen, der Zug ist ´ne Sauna, 68 Grad, die Klimaanlage ist kaputt. Erst mal bis Köln, dann nach Hagen. Platz gesucht, Platz gefunden, gegen die Fahrtrichtung, ist aber egal, es ist ja dunkel und ich seh eh nichts. Blick in das Heft „Ihr Reiseplan“ vom ICE 910. Ab Köln nichts! Ab Bochum nichts! Ab Dortmund nichts! Was nun? Die Zugführerin kommt gerade, kontrolliert die Karten. Ich erkläre ihr mein Problem, sie schaut nach, keine Züge mehr nach Hagen. Welcher Zug denn verspätet war, sie würde mir einen Vermerk auf die Fahrkarte machen und am InfoPoint in Dortmund würde man mir einen Taxigutschein ausstellen. Gesagt getan, es macht sich fast so etwas wie Erleichterung breit. Anrufen, ich komm mit dem Taxi bis nach Hause. Zurücklegen, Tempo 300 und zum 4ten Mal CD 2 des Rock/Pop-Kanals. Pünktlich in Köln, ab nun gibt es Einslive, anstatt Rock/Pop-Kanal. Soviel besser ist das aber auch nicht. Pünktlich in Düsseldorf, Duisburg, Essen, Bochum. „Meine Damen und Herren in Kürze erreichen wir Dortmund, wir möchten uns von Ihnen verabschieden und wünschen Ihnen eine gute Nacht!“ Dann bremsen und stehen, vor Dortmund! Sicher, wir konnten ja nicht pünktlich in Dortmund sein, das geht ja nicht. Anstatt um 0:22Uhr öffnet sich die Tür um 0:30Uhr und jetzt zum InfoPoint. Der Taxischein wird ausgestellt, wo es hin geht fragt die Kollegin am InfoPoint. Nach Hagen, dann könnte ich ja zusammen mit ihrem „Problemfall“ fahren. Kein Problem für mich, die Kalifornierin will nach Halden, ich nach Haspe, der Taxifahrer nur zum Hauptbahnhof. Er fährt, he drives very slow meint die junge Frau aus LA, ich stimme zu. Sie will dann doch nur zum Hauptbahnhof, ich kann den Fahrer überreden mich nach Hause zubringen und um 1:15Uhr bin ich dann auch zu Hause. 35€ kostet die Bahn meine Taxifahrt, mir hat die ganze Sache eine Verspätung von 2¼ Stunden eingebracht und eine Fahrt quer durch Deutschland. Bloß gut, dass ich ausschlafen kann.
ZitatGepostet von Michael_H ... denn dort ist „Ökonomischer Kirchentag“
Der ist gut, war das Absicht?
Thomas
Das Schöne an einheitlichen Standards ist es, dass es so viele verschiedene davon gibt. Toleranz ist die Erkenntnis, dass es sinnlos ist, sich aufzuregen.
nein, Absicht war das sicherlich nicht. Ich habe den Originaltext hier rein kopiert und damals mit grade mal 20 sicherlich noch nicht so auf die feinen Unterschiede geachtet
Ich war auch im Stadion meine Lauterer au weia das Spiel der Damen vorher war sehenswerter mit Abstand. Wen wir dieses Jahr das Halbfinale gewinnen wollen muss der liebe Gott den Blitz in die Bayernhälfte einschlagen lassen und Robben sich beide Beine brechen
''Die Summe aller Probleme geteilt durch die beteiligten Personen ist immer das Gleiche''
H0-Modellbahnforum.de - das Forum mit der Forumbahn!
»
Allgemeine Foren
»
Vorbild Allgemeines
»
Deutschlandreise
Thema drucken
02.03.2014 17:12
Antworten
