Hallo,

da hier Leute mitlesen welche keine Ausbildung als Tf haben und keine Vorbildlitetatur unterm Kopfkissen liegen haben, wäre es schön Abkürzungen auch zu erklären.

Moin Westhafen,

Aber gerne doch:

KS - Kleinselbstschalter
LSS - Leitungsschutzschalter

Beides bezeichnet Sicherungsautomaten in den Stromkreisen eines Triebfahrzeuges.

Viele Grüße

Dan

Zitat von 130-iger im Beitrag #958

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Zitat von Oldie_Kurt im Beitrag #957

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Sach' ma' - immer neue Abkürzungen - was bedeutet "DT"?

Beste Grüße: Kurt

PS.: Deine Aktion mit der Untersuchung der Strich- und Körnermarkierungen kommt mir bekannt vor: hätte ich sein können. Denn bei aller "Piraterie" habe ich stets genau auf den Zustand der Loks geachtet.

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Moin Kurt,

DT steht heute für DoppelTraktion, ...

Erklärung die für die Nichteisenbahner unter uns:

....also 2 arbeitende Triebfahrzeuge an der Spitze, wobei beide Triebfahrzeuge vom einem, dem führenden Führerstand aus bedient werden.


Gruß Micha


PS: übrigens reden wir auf der 151 von KS und nicht von LSS.... feix!

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Zitat von Oldie_Kurt im Beitrag #963

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Haha, noch eine: Um 1998/99 rum gab's die TK = Triebkopftraktion. Dabei befand sich an Spitze und Schluß eines Zuges je eine E 112 (das "rasende Wellblech", 160-km/h-Variante der 143), à la ICE zog die eine, die andere schob. Die Loks waren per UIC-Kabel (durch die Wagen hinweg) verbunden, die ZWS (Zeitmultiplexe Wendezugsteuerung, siehe S-Bahn Rhein-Ruhr) übertrug Steuerbefehle und meldete die Reaktionen "von hinten" zurück. Das war dermaßen kriminell, daß ich mich nach der ersten Fahrt mit TK weigerte, solchen Müll nochmal anzufassen. So konnte es passieren, daß die vordere Lok zog, derweil die hintere es spaßig fand, die E-Bremse aufzusteuern. Oder vorne wurde gebremst und hinten mit Schmackes geschoben - zwei "Verdiente Rechner des Volkes" kommunizierten miteinander und versuchten, den Lokführer irrenhausreif zu machen... Ohne mir.

Beste Grüße: Kurt

PS.: Zur seligen Zeit der Konstruktion der 151 hieß das "KS". Der "LSS" kam im Rahmen der DR-typischen Definitionszwängigkeit auf. Ich muß jetzt schon wieder an diese Unterscheidung in "Leuchtmelder" und "Meldeleuchten" denken...

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Hallo Micha,

natürlich wollte ich nicht sagen, alles "Böse" komme aus dem Osten. Wie auch, bin doch seit meiner Jugendzeit eine "rote Socke". Fakt ist nur, daß mich die 143 und 112 etliche Nerven gekostet haben; die 143 in der DB-S-Bahn-Version (und nur die kenne und meine ich!) war das blechgewordene Grausen. Nun ist das aber alles über 20 Jahre her und eigentlich sollte Gras drüber gewachsen sein. Ist es aber nicht - wenn ich an diverse Dienste auf der 143 und den einmaligen auf der 112 in Triebkopftraktion denke, erhöht sich noch heute meine "Drehzahl". Wohl auch ein Grund, daß ich keine S-Bahn-Geschichten mit 143 geschrieben und nichts über das nächtliche Abenteuer mit dem "Flughafen-Expreß" berichtet habe. Letzterer, zehn IR-Wagen, vorne 'ne 112, hinten 'ne 112, Dienstbeginn gegen 3:15 Uhr in Köln HBf, dann mit diesem Geisterzug die Rheinstrecke entlang nach Frankfurt ... mit zwei "Kosmos-Radiomann-Rechnern" (um mal die andere, auf einen Kinderbaukasten zurückgehende Schimpfversion zu verwenden), die permanent Sch... bauten. Einmal, wie gesagt, danach bin ich bis zur (folgenlosen) Dienstverweigerung auf dieser Gurke gegangen: "Das Ding soll fahren, wer will - ich nicht!"

Themawechsel: Himmel - wenn zwei dieser bärenstarken 151 "spinnen", möchte ich nicht unbedingt dabei sein...! Erfolgt dort die Steuerung DT über UIC-Kabel?

Beste Grüße: Kurt

Zitat von Oldie_Kurt im Beitrag #965

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...Themawechsel: Himmel - wenn zwei dieser bärenstarken 151 "spinnen", möchte ich nicht unbedingt dabei sein...! Erfolgt dort die Steuerung DT über UIC-Kabel?

Beste Grüße: Kurt

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Hallo Micha,

danke für diese ausführliche Information! Das gute alte 36polige Steuerkabel ... da hat man beim Stecken noch echt was in der Hand... Diese Mimik mit dem zweiskaligen Instrument ist m.E. für die Baujahre clever gelöst - oh ja, bei Halt mit nicht abgelaufenem Schaltwerk kann es böse Fahrmotorenschäden geben, weil eben Kommutatormaschinen im Gegensatz zu Drehstrommotoren nicht unter Last stehenbleiben dürfen. Faszinierend finde ich die Möglichkeit, bei Schaden an der führenden Lok diese zum "Steuerwagen" umzuschalten. Ich glaube, Du wirst mit der 151 echt Spaß haben, ist eine großartige Lok. Und wenn ich bei meiner "Schwarzfahrt" mit ihr all das gewußt hätte, wäre ich wohl weniger sorglos unterwegs gewesen. Apropos: Hat die 151 noch diese Anfahrüberwachung?

Beste Grüße: Kurt

PS.: Von Venlo aus fuhr in den späten 80er Jahren ein 6000-Tonnen-Güterzug mit Schakukupplungen, bespannt mit zwei 151 in Doppeltraktion. Aus dem Bahnhof geht's in einer Steigung raus (Hollands Antwort auf die Gotthardtbahn, grins) und da ist mal eine der beiden 151er "verreckt". Ich war bei der Hilfsaktion damals beteiligt - evt. eine weitere Geschichte?

Zitat von 130-iger im Beitrag #949

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Hallo Kurt!

...Demnach, wenn ich die Rechnung so aufstelle, haben ICE, 101 (6,4MW), 145(4,2MW), 146(4,2 / 5,6MW), 152(6,4MW), 185(5,6MW) und auch die 189(6,4MW) alle 10.000PS. Mit allen diesen Maschinen hat man beim Anfahren und Beschleunigen mal locker 500 bis 600 A Oberstrom, der ja sogar auf maximal 600A begrenzt ist. ...Ich hatte schon lange das Gefühl, das die Zwirbelkoffer mehr Saft verbrauchen, als die Altbauloks. Vielleicht ist die Leistung erst nach dem Zwischenkreis berechnet, was dann diese komischen Leistungswerte ergibt. Die Altbaumaschinen ziehen die Leistung für die Fahrmotoren ja direkt aus dem Trafo.
Also alles etwas undurchsichtig für mich!!!

Gruß Micha

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Zitat von Oldie_Kurt im Beitrag #967

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... Apropos: Hat die 151 noch diese Anfahrüberwachung?

Beste Grüße: Kurt

PS.: Von Venlo aus fuhr in den späten 80er Jahren ein 6000-Tonnen-Güterzug mit Schakukupplungen, bespannt mit zwei 151 in Doppeltraktion. Aus dem Bahnhof geht's in einer Steigung raus (Hollands Antwort auf die Gotthardtbahn, grins) und da ist mal eine der beiden 151er "verreckt". Ich war bei der Hilfsaktion damals beteiligt - evt. eine weitere Geschichte?

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Hallo Micha,

danke für die Erklärung ... hmm, ja: mit "Scharfenberg-Kupplung" (Schaku) meinte ich diese automatische Mittelpufferkupplung, die damals bei schweren Güterzügen (Ganzzüge) verwendet wurde. Logisch, daß es nicht die "Schaku" der Triebwagen sein konnte, sorry, Begriffsverwechslung.

Ich erinnere mich, daß bereits um 1970 herum UIC-weite Pläne zur Einführung einer automatischen Kupplung gemacht wurden; man fand aber nie eine Übereinstimmung.

In Perú sah ich 1983 eine Mittelpufferbauart, die wahrscheinlich aus den USA stammte (die damaligen Bahnen FCC und FCS fuhren amerikanische Dieselloks, in Kanada gebaut). Da wäre es logisch, die dortigen Kupplungssysteme zu übernehmen. Es handelte sich (augenscheinliche Feststellung) um selbstätig einrastende Kupplungen, die allerdings keine Druckluftverbindungen herstellten: die Luftschläuche mußten separat von Hand verbunden werden.

Hierzulande will man ja immer alles, daher auch Zugkupplung und Luft automatisch. Wie ich damals von Eifeltorer Kollegen, die den genannten 6000er von Venlo aus fuhren, gesagt bekam, traten öfters Undichtigkeiten bei den automatischen Kupplungen auf. Damit hat - in einer Doku gesehen - auch die Erzbahn Kiruna-Narvik bisweilen zu kämpfen; dort verwendet man die russische Kupplung. (Ich hoffe, die Information im Fernsehen war richtig...)

Doch zur 151: Was habe ich damals auf meiner "Piratenfahrt" mit diesem Güterzug nach Karlsruhe aufgepaßt, um bloß nicht zu hoch aufzuschalten - ich wußte ja nichts von der Anfahrüberwachung. Wenn ich mich recht erinnere, bin ich nur bis 4 t je Fahrmotor gegangen, das war für den Autotransportzug satt genug, die 51er ging ab "wie Schmitz' Katze".
Ich sehe, beim Fahren in Doppeltraktion sind zahlreiche Fakten zu beachten - eine echte Herausforderung, an der ich heute noch Spaß hätte... Wie sagtest Du mal so treffend (sinngemäß): "Einfach kann jeder!"

Beste Grüße: Kurt

Jetzt hat's mich inspiriert: Die Story mit dem liegengebliebenen 6000-Tonnen-Zug in Venlo werde ich auch erzählen. Doch zuvor noch ein Erlebnis mit der E 120.

Zitat von Tf aD im Beitrag #968

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Zitat von 130-iger im Beitrag #949

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Hallo Kurt!

...Demnach, wenn ich die Rechnung so aufstelle, haben ICE, 101 (6,4MW), 145(4,2MW), 146(4,2 / 5,6MW), 152(6,4MW), 185(5,6MW) und auch die 189(6,4MW) alle 10.000PS. Mit allen diesen Maschinen hat man beim Anfahren und Beschleunigen mal locker 500 bis 600 A Oberstrom, der ja sogar auf maximal 600A begrenzt ist. ...Ich hatte schon lange das Gefühl, das die Zwirbelkoffer mehr Saft verbrauchen, als die Altbauloks. Vielleicht ist die Leistung erst nach dem Zwischenkreis berechnet, was dann diese komischen Leistungswerte ergibt. Die Altbaumaschinen ziehen die Leistung für die Fahrmotoren ja direkt aus dem Trafo.
Also alles etwas undurchsichtig für mich!!!

Gruß Micha

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Hallo zusammen,

bei Dampfloks unterschied man daher zwischen indizierter Leistung (Dampfdruck und Kolbenfläche wurden hier eingerechnet) und der Zughakenleistung. Letztere ist jedoch kein fester Wert und bspw. von der Geschwindigkeit abhängig. Sie wurde mittels Messfahrten ermittelt.

Grüße
Micha

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Hallo,

diesmal hat es etwas länger gedauert, bis der neue Beitrag fertig war. Es gab privat viel zu tun, aber nun ist es soweit und ich kann Euch ein Erlebnis mit der E 120 vorstellen, das mir damals allerhand Kopfzerbrechen bereitete und mit einer Schrecksekunde begann.

Vorrede
Es geschah anläßlich jenes bereits mehrfach erwähnten kurzen Dienstes, in dessen Rahmen ein Intercity-Zug, bespannt mit E 120, von Köln nach Dortmund, und zurück ein Postzug mit E 103 gefahren werden mußte. Wegen des Mangels an „Drehstrom-Dompteuren“ (so witzelten wir) kam ich zuweilen täglich und wochenlang ausschließlich in den mit der Zeit fade werdenden Genuß, diese Schicht zu absolvieren. Immer diese 120 Kilometer mit der E 120 – auch das schaffte Grundlagen für diverse Worstspielereien, die ich aber hier nicht langweilend breittreten möchte. An dieser Stelle daher sachlich der Ablauf der IC-Leistung mit der Drehstromlok: Ablösen in Köln HBf (V3), den frühnachmittäglichen Zug (Nummer ist mir entfallen, obwohl – oder weil? – ich ihn bis zum Abwinken oft gefahren habe) über Düsseldorf, Duisburg, Essen und Bochum nach Dortmund HBf; dort endete der Intercity. Warten auf Abfertigung, dann als Leerreisezug nach Dortmund-Betriebsbahnhof, Zug in die Abstellgruppe vorziehen, Lok wird abgehängt, Rangierfahrt ins BW, Lok mit A1 (Abschlußdienst mit technischer Überprüfung) abstellen. An einem Wochentag im Sommer 1991 geriet der Schluß der Dienstschicht unvorhergesehen anders…

Schutzdurchzündung
Ich erinnere mich noch genau, daß dieser Intercity jedesmal aus zwölf Wagen bestand, und bei trockenem Wetter – wie am in Rede stehenden Tage – war es eine Wonne, das beachtliche Gewicht des Zuges mit der E 120 spielend auf Tempo zu bringen. Sie beschleunigte deutlich schneller als die E 103, obwohl ich ihre Leistung praktisch nie voll ausspielte, sondern grundsätzlich nicht höher als 4 Tonnen Zugkraft je Fahrmotor aufsteuerte. Im Gegensatz zu Kommutatormaschinen hielten die Drehstrommotoren diese Zugkraft (elektronisch geregelt) konstant auch bei steigender Geschwindigkeit. Konventionelle Loks mußte man sukzessive hochschalten (und sah die Auswirkung der Gegen-EMK praktisch demonstriert). Bei der E 120 besorgte das „Aufschalten“ die Elektronik, indem sie so weit wie möglich den gewählten Zugkraftwert einhielt. (Hinkender Vergleich: Wie ein PKW mit Automatik im Gegensatz zum Schaltgetriebe – weich gleitend, dennoch kraftvoll und nachdrücklich.)
Näherte sich die Geschwindigkeit auf LZB-Strecken den 200 km/h, fand ich die Beobachtung des Oberstromanzeigers faszinierend: Scheinbar mühelos zog die Lok mit Werten von 500 und mehr Ampère den Zug voran, beschleunigte frappierend rasch die rund 600 und mehr Tonnen.
Waren die 200 km/h erreicht, steuerte die Elektronik die Leistung ab – und hier zeigten viele E 120 ein Regelproblem: Fuhr man mit AFB (automatische Fahr-/Bremssteuerung), ging die Lok in den Intervallbetrieb, das heißt: Sie hielt die 200 auf „Strich“ genau, steuerte allerdings in kurzfristigen Intervallen auf Maximalleistung, wieder zurück auf etwa 100 Ampère, wieder rauf auf Maximum und so weiter. Ich vermute, dies hing mit der digitalen Geschwindigkeitsabtastung zusammen: 200 km/h = 200 Hz erreicht, runterregeln – Vist auf 199 km/h = 199 Hz gefallen – hochregeln und beschleunigen auf 200 km/h = 200 Hz. Offensichtlich fand hier eine Ja/Nein-Entscheidung statt, die auf ein Justageproblem zurückführbar schien, denn nicht alle 120er zeigten dieses am (mechanisch eher trägen) Tachometer nicht nachvollziehbare Phänomen. Wenn ich eine Lok mit dieser Macke erwischt hatte, verzichtete ich auf die AFB und fuhr handgesteuert, weil ich jene ständigen Stromwertschwankungen nicht mit ansehen konnte: die bedauernswerten Stromrichter, dieses zahllose Rauf und Runter der Werte – gesund war das bestimmt nicht!
Etliche Kollegen (im Laufe der Zeit kamen 120-Ausgebildete hinzu) zeigten sich diesbezüglich unbeeindruckt nach dem Motto „Na und?“ Ich machte ihnen oft genug Vorhaltungen, ich armer Hund sei es dann, der – Murphy’s Gesetze – eine Lok mit „angeschossenen“ Stromrichtern bekäme und sehen könne, wie ich im Störungsfalle damit fertig würde. Das galt auch für jene „Volle-Pulle-Fahrer“, die es gut fanden, den Zugkraftsteller auf Anschlag zu schieben und der Elektronik den Rest zu überlassen. Schleudern? Egal, das gibt sich… Doch, wir hatten zwei solcher „Schlächter“ („zupacken wie ein echter Kerl!“) und mit denen lag ich im Dauer-Clinch. Und von den Kosten eines Schadens ist hier noch nichtmal die Rede. Was habe ich gepredigt, Drehstromloks seien sensible Wesen, die, mit Sinn, Verstand und Gefühl („Sensorik, Leute, Sensorik!“) behandelt, wesentlich besser liefen. Kollegen, die dann mal liegengeblieben waren, weil sie dachten, die Elektronik mache aus „Volles Rohr“ immer das Passende, zeigten sich anschließend deutlich verständnisvoller: „Mensch, der jecke Kurt hat ja doch recht…!“
Hm – jetzt habe ich einen Schlenker gezogen … aber beim Kontrollesen komme ich zu dem Schluß, daß er recht informativ ist. Also lasse ich ihn mal so stehen.
Zurück zum Thema, der Fahrt nach Dortmund: Als hinter „Bruder-Klaus-Siedlung“ die LZB-Strecke begann, schob ich den V-Soll-Steller auf „200“, regelte meine üblichen 4 t Zugkraft am Zugkraftsteller ein und schaltete auf „Automatik“. Mit der ihr eigenen „sanften Kraft“ legte die E 120 los, beschleunigte den Zwölf-Wagen-Zug rasch und mühelos, der Tacho zeigte recht bald Strich 200 km/h, die Elektronik steuerte die Leistung ab – und jetzt aufpassen: Fährt die Lok in Intervallen? Ja, verdammt, sie veranstaltete dieses „Oberstrom-rauf-runter-Spielchen“. Also raus mit der Automatik, handgesteuert fahren, mit gleichmäßigen Stromwerten. Ich mußte daran denken, daß mein Vorgänger auf der Lok womöglich diese permanenten Stromschwankungen in Automatik nicht bemerkt oder ignoriert hatte … folglich gönnte ich vor Düsseldorf der Lok einen möglichst langen (leistungslosen) Auslauf, um die Elektronik zu entlasten – gewiß konnte sie es an diesem recht heißen Tag gut gebrauchen, wenn sie zuvor malträtiert worden war. Als ich in Düsseldorf HBf stand, hörte ich an den auf voller Drehzahl laufenden Lüftern, daß ich recht gehabt hatte: Der Grobschmied von vorherigem Lokführer mußte wirklich wie ein Henker gefahren sein, denn bei Normaltemperaturen steuerten die Hilfsbetriebeumrichter im Stand die Lüfter auf niedrige Drehzahlen, geschah das nicht, lagen hohe Temperaturen in den Isolierölkreisläufen vor.
Ich ärgerte mich über den Kollegen mit der brutalen Fahrweise… Blick auf die Uhr: Noch eine Minute Zeit. Ehe ich’s vergesse, Eintrag im Übergabebuch von wegen Intervallsteuerung; die Nürnberger Werkstatt zeigte sich stets sorgfältig und kooperativ, gewiß würden die Jungs dort die Lok richtig einstellen.
Abfahrauftrag – vor lauter Übergabebuch hatte ich das Vortakten vergessen, weshalb sich der „Start“ um einige Sekunden verzögerte. Macht nichts, raus aus Düsseldorf in die langgezogene Linkskurve, die LZB-Übertragung aktivierte sich und ich gab meine üblichen Zugkraftwerte vor, fuhr weiterhin mit Handsteuerung. Oberhalb 140 km/h zeigten zunehmende Windgeräusche, daß ich die Druckertüchtigung nicht eingeschaltet hatte; die mußte man nämlich ausschalten, wenn ein Seitenfenster geöffnet werden sollte. So, aber jetzt, die Druckdichtungen bliesen sich auf und wie ein „fade-out“ verschwanden die Windgeräusche. Die leistungsfähige Lüftungs- und Klimaanlage machte den Aufenthalt im Führerraum angenehm.
Mit 200 km/h bis kurz vor Duisburg, Einfahrt Hp1 mit 90 km/h, zügig mit diesen 90 an den Bahnsteig – der Zug lief in „ep“, fuhr sich daher wie ein Auto. Schön … aber die mittlerweile seltener gewordenen klotzgebremsten Schnellzüge waren mir trotzdem lieber.
Hinter Duisburg gab’s bis Dortmund keine LZB mehr. Was ich eher begrüßte, denn ich war nicht so der richtige Fan dieser Technologie: sie griff nach meinem Dafürhalten zu sehr in meine Entscheidungen ein. Okay, wesentliche Steigerung der Sicherheit, zugegeben, aber dennoch fuhr ich lieber ohne „das Drähtchen im Gleis“. Erste Anzeichen der Entwicklung zum Fossil?
Essen-Hauptbahnhof, chicer Landeanflug mit 100 km/h am Bahnsteiganfang, aber mit „ep“ echt keine Kunst…
Aus Essen raus in die Steigung mit Rechtskurve, beschleunigen auf 140 km/h – mit der E 120 kein Problem, sie zog mühelos und mit Bärenkräften, es herrschte ja trockenes Wetter.
In Bochum hätte ich mit 120 km/h an den Bahnsteig brettern können, doch weil mein IC bereits zwei Minuten vor Plan lief, unterließ ich es, machte es kommod mit gut 70 km/h. Nachdem der Zug zum Stehen gekommen war, hörte ich, wie die Lüfter von Maximaldrehzahl auf etwa halbe Leistung runtersteuerten, folglich hatten sich die Temperaturwerte normalisiert. Gutes Gefühl.
Vor mir, am Mast des Hp1 zeigenden Ausfahrsignals, leuchtete Zp9 auf. Ich hatte vorgetaktet, gab jetzt vier Tonnen Zugkraft je Fahrmotor, nach hinten schauen, alles bestens, Fenster zu, Druckertüchtigung ein, im Maschinenraum das flirrende Surren der freien Taktung – und jetzt, was ist los?! Die Surrgeräusche wurden unregelmäßig, die Zugkraft erfuhr kurzzeitige Unterbrechungen, so, daß sich die Lok mit heftigen Rucken vorwärtsbewegte. Blitzschnell nahm ich Leistung weg, bis runter auf knapp eine Tonne. Das Rucken ließ nach, verschwand, die Stromrichtergeräusche klangen wieder typisch, vorsichtig Leistung zugeben – und bei knapp drei Tonnen erneutes Rucken: Es handelte sich ganz klar um sogenannte Zündablaufstörungen in den Thyristoren der Pulswechselrichter. ‚Wie ein Herz mit Kammerflimmern‘, dachte ich. Leistung wieder zurücknehmen, auf rund 2,5 t je Fahrmotor: besser die Steigung langsam hinaufkrabbeln, als eine Hilfslok zu riskieren – und die Leistungselektronik arbeitete einwandfrei, die Lok schaltete in die 7-fach-Taktung, die üblichen Elektronikgeräusche, das in 7-fach typische andere Fahrgefühl, alles funktionierte. Probeweise gab ich drei Tonnen, dann 3,5 – keine „Proteste“ seitens der Lok. Also lag die Unstimmigkeit nur im Bereich der freien Taktung. Dennoch beließ ich es bis zum Erreichen der fahrplanmäßigen Geschwindigkeit bei diesen 3,5 t. Aus Vorsichtsgründen, denn daß in den Stromrichtern, respektive deren Steuerung, eine Störung vorlag, bedurfte keiner Frage.
Die Lok lief bis Dortmund HBf einwandfrei, auch die Stromrückspeisung während des generatorischen Bremsens funktionierte klaglos.

Ich stand mit meinem IC am Bahnsteig, es dauerte eine Weile, bis alle Reisenden ausgestiegen waren und die Leerfahrt zum Betriebsbahnhof begann. Ich nutzte die Zeit und schrieb eine ausführliche Störungsdarstellung ins Übergabebuch. Blick aufs Ausfahrsignal – aha, Hp2, dann Zp9: Abfahrt. Ich bewegte den Zugkraftsteller nach vorne … im Maschinenraum (besser: Elektronikraum) ein explosionsartiger Knall wie das Abfeuern einer Kanone, Hauptschalterauslösung. Ich wußte, was da passiert war, erlebte es aber erstmalig in der Praxis: Der Knall beruhte auf einer sogenannten „Schutzdurchzündung“; bei selbiger wurden in bestimmten Störungsfällen die Stromrichter schlagartig entladen, indem sämtliche Thyristoren nach Erde zünden. Das sollte ohne Bauteileschäden funktionieren – theoretisch, aber nicht praktisch, denn beim damaligen Stand der Entwicklung war es kaum oder nicht möglich, absolut zeitgleiches Zünden zu gewährleisten und damit flossen die enormen Ströme nicht wie vorgesehen über sämtliche Thyristoren, sondern nur über jene, die passend zündeten – und wenn nicht alle beteiligt waren, geriet der schlagartig einsetzende Stromwert zu hoch für die zu wenigen Bauteile, die sich dadurch „verabschiedeten“. Ich führte die Störungsabfrage durch: immer wieder leuchteten die beiden Hilfsleuchtmelder „Stromrichter“ auf. Taster „Hauptschalter“ in „Aus“ nach „Aus“, die „Schutzrückstellung“. Taster nach „Ein“ – keine Reaktion, nur die Hilfsleuchtmelder „Stromrichter“ dokumentierten den Crash der Elektronik. Ende, aus, Hilfslok – am Zielbahnhof.

Die Hilfslok kam nach wenigen Minuten: Eine V 60, die im Betriebsbahnhof als Rangierlok werkelte. Ich hatte natürlich bis dahin noch mehrfach versucht, meine 120er in Gang zu bekommen, aber vergeblich – was ich vorher wußte, doch man tut ja, was man kann…
Im Schlepp der alten V 60 die damals modernste Lok der DB – welch eine Schande.

Als ich mich auf der Lokleitung meldete, meinte der Kollege, ich solle einen Reparaturzettel schreiben, die 120 müsse in anderthalb Stunden wieder in den Betrieb. Er besaß keine Ausbildung für die Drehstromlok und es dauerte geraume Zeit, bis er begriffen hatte, daß diese Lok von der Dortmunder Werkstatt bestimmt nicht repariert werden konnte.

Später telephonierte ich mit dem Werkmeister in Nürnberg, dem seinerzeitigen Heimat-BW aller E 120, und erfuhr von ihm, daß meine Schadlok im Schlepp überführt worden sei und einen kapitalen Stromrichterschaden (Pulswechselrichter) aufwies. Die Reparatur dauerte einen ganzen Tag und war nicht gerade billig. ‚Verdammte Vollgasfahrer‘, dachte ich und war echt wütend.

Beste Grüße: Kurt

Dabei haste ja noch Glück gehabt, dass das erst in Dortmund - also im Zielbahnhof - passiert ist. Hätte ja auch gut sein können, dass das schon in DüDo passiert. Und dann warten auf Hilfslok, xx Minuten Verpätung, nervende Passagiere, das ganze Programm, das hätte erst Recht Spaß gemacht...

Zitat

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Immer diese 120 Kilometer mit der E 120 – auch das schaffte Grundlagen für diverse Worstspielereien, die ich aber hier nicht langweilend breittreten möchte.

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Schade. Ich liebe Wortspielereien. Könntest Du die nicht vielleicht doch breittreten?

Hallo Marc,

ja, da hatte ich wirklich Glück! Den Seinen gibt's der Herr im Schlaf, feix...

Diese Wortspielereien waren eher Flachwitze wie "Der Kurt fährt immer nur die 120 Kilometer nach Dortmund, weil die Lok 120 heißt" und so weiter, nix Großartiges und nichts, was der Nachwelt erhalten bleiben muß.

Beste Grüße: Kurt

Zitat von Oldie_Kurt im Beitrag #971

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Zitat von Tf aD im Beitrag #968

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Zitat von 130-iger im Beitrag #949

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Hallo Kurt!

...Demnach, wenn ich die Rechnung so aufstelle, haben ICE, 101 (6,4MW), 145(4,2MW), 146(4,2 / 5,6MW), 152(6,4MW), 185(5,6MW) und auch die 189(6,4MW) alle 10.000PS. Mit allen diesen Maschinen hat man beim Anfahren und Beschleunigen mal locker 500 bis 600 A Oberstrom, der ja sogar auf maximal 600A begrenzt ist. ...Ich hatte schon lange das Gefühl, das die Zwirbelkoffer mehr Saft verbrauchen, als die Altbauloks. Vielleicht ist die Leistung erst nach dem Zwischenkreis berechnet, was dann diese komischen Leistungswerte ergibt. Die Altbaumaschinen ziehen die Leistung für die Fahrmotoren ja direkt aus dem Trafo.
Also alles etwas undurchsichtig für mich!!!

Gruß Micha

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Hallo zusammen,

bei Dampfloks unterschied man daher zwischen indizierter Leistung (Dampfdruck und Kolbenfläche wurden hier eingerechnet) und der Zughakenleistung. Letztere ist jedoch kein fester Wert und bspw. von der Geschwindigkeit abhängig. Sie wurde mittels Messfahrten ermittelt.

Grüße
Micha

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Hallo,

noch ein Micha - wie unterscheiden wir das am besten?

Grüße: Kurt

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Zitat von GD-87 im Beitrag #6

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Der Kollege fuhr langsam los und ich machte noch eine Durchsage:

" Aufgrund von fehlenden Dampfdrucks, können wir nun unsere Fahrt mit ca 3min. Verspätung fortsetzen, ich bitte um Ihr Verständnis"

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Hallo (Grüße-)Micha,

die "Ofenrohr-S-Bahn" ist die OSB, nicht die SWEG (auch wenn es gesellschaftliche Verbindungen gibt). Einerseits passt natürlich die Abkürzung, aber der eigentliche Ursprung hat dieser Ausdruck in der Abgasführung auf dem Dach der Regioshuttle, um die Abgase von den Klimaanlagen fernzuhalten, die sieht nämlich aus, als wenn sie mittels Ofenrohr nachträglich realisiert wurde.

Viele Grüße

Dan

Hallo wieder einmal,

anläßlich der letzten Postings, wo es um die E 151 und die automatische Kupplung ging, erinnerte ich mich an ein Erlebnis in Venlo. Den dortigen Güterbahnhof verließ täglich in den Nachmittagsstunden ein 6000 Tonnen schwerer Güterzug, bestehend aus vielen sechsachsigen Schüttgutwagen, gezogen von zwei E 151 in Doppeltraktion und ausgerüstet mit den großvolumigen automatischen Kupplungen.
Von Venlo aus weist die ungefähr zwei bis drei Kilometer lange Strecke bis kurz vor Kaldenkirchen eine moderate Steigung auf, die für den 6000er allerdings durchaus spürbar geriet – und das hatte einmal spannende Folgen.

Fehlende Streckenkunde
Eines Tages stand ich mit meiner 110er im Bahnhof Venlo wie üblich in Gleis 34 „naar de kopp“, absolvierte die rund anderthalbstündige Pause zwischen zwei Zügen und las die Zeitung. Plötzlich kam aus dem Lautsprecher des Zugbahnfunkgerätes eine Durchsage, bei der ich mich eines Schmunzelns nicht erwehren konnte, weil es sich anhörte, als ob Rudi Carrell spreche: „Lokführer für de Stoptrain naar Keulen, meld‘ dich mal, hier is‘ de Fahrdienstleiter Venlo!“
„Ja, bitte – was ist denn los?“
Wieder die Carrell-Stimme: „De Sechsduusend-Tonne-Train is‘ liejejebliebe, Lokschade, ein Lok is‘ defekt, mit einer kommte nich‘ de Berch rauf.“
„Hmm – und wie kann ich da helfen, soll ich mit meiner Lok nachschieben?“
„Nej, dat is‘ vill’ze kompliziert, mit Befehl un‘ so. Dat mache‘ wir met de Rangierlok. Aber de‘ Maschinist het geen Bekanntheit, mach’s du … wie heißt bei euch … ja: mach’s du Lotse?“
Ich verstand: Der Lokführer der Venloer Rangierlok war nicht streckenkundig und weil die Niederländer das sehr genau nehmen, wollte er einen Lotsen haben – obwohl er nur nachschieben sollte. Ach ja: die Rückfahrt, da hatte er wohl die Bedenken. In den Sprechhörer des Funkgerätes sagte ich: „Klar, mache ich! Wo ist denn die Rangierlok? Ich gehe hin.“
„Danke, Lokführer, biste feine Kerl! Nur bis an Gleis 1 gehe, Rangierlok holt dich ab, muß dann noch Zwischewage mit de Överjangskopplingen hole, fahre dann Rangierfahrt hinter liejejebliebene Train.“
„Okay, ich bin unterwegs“, bestätigte ich. Handbremse anziehen, Lok rundum abschließen – im eingezäunten Bahnhofsgelände war das Sicherungsmaßnahme genug. Und runter, den kurzen Weg nach Gleis 1 – da kam sie auch schon, die Venloer Rangierlok: Es war eine jener urigen dieselelektrischen Alsthom-Maschinen, vier Achsen in zwei Drehgestellen, vermutlich Tatzlager-Fahrmotoren, ein Dinsosaurier, der auch im Streckendienst Verwendung fand; in Emmerich sah ich diese Lok sogar mal in Vierfachtraktion! Nur ihre Typenbezeichnung ist mir entfallen, schade (siehe Hinweis am Schluß). Der Lokführer begrüßte mich, im Seitenfenster hängend, strahlend: „Hey, komm’erein!“ und öffnete die Tür an der Stirnwandseite, wo man über den seitlichen Umlauf (mit hohem Geländer gesichert) den Führerraum erreichte. So jedenfalls habe ich’s in Erinnerung. Vorne befand sich der lange Vorbau mit Diesel und Generator, dann folgte der Führerraum – und das war’s, denn hinten kam nichts mehr, platt abgeschnitten sozusagen.
Ich schaute mich im Führerraum um und verbarg geschickt mein Entsetzen: Solch ein Tohuwabohu hatte ich noch nie gesehen! Die Bedienelemente wirkten, als habe ein auf Überdimensionierung getrimmter Verstörter sie in den Raum geworfen und da montiert, wo sie gerade hingefallen waren. Das Wenige, was ich sofort zuordnen konnte, erwies sich als Handbremsrad, Zusatzbremshebel, Führerbremsventil, eine Totmann-Taste und ein Anzeigeinstrument, das einem Wasserkraftwerk der Jahrhundertwende hätte entstammen können: Ein Ampéremeter, per darunter verschraubtem Emailleschild mit „Hofdgenerator“ (Hauptgenerator) gekennzeichnet. Und ein riesiger Tachometer, sichtlich eine Art Kienzle-Schreiber. Uff…!
Der Kollege fuhr wie ein „gesengter Eber“: Volle Möhre beschleunigen – und das konnte die seltsame Lok französischer Herkunft sehr gut – exakt die Rangiergeschwindigkeit halten, die 30 km/h zu betragen schien, durch die Weichen, auf einen Flachwagen zu … Mensch, Kerl, bremsen! Nee, er hielt weiter drauf, ich suchte mir schon einen guten Aufschlagpunkt zwischen all dem Gerümpel, da ließ er die Zusatzbremse voll zugreifen, ich hielt mich an irgendeinem Rohr fest: die Verzögerung war unglaublich. Der vorne stehende Rangierer hängte an, das tiefstehende Signal hinter uns leuchtete gelb: Rangierfahrt frei. Richtungswendung mit „Krawumm“, Vollgas, Beschleunigung wie Harry, erneute Harakiri-Bremsung mit Richtungswendung, und es ging durch Gleis 2 zur Ausfahrt, der Wagen mit der Übergangskupplung vorne bot angesichts der Fahrweise des Lokführers eine zusätzliche „Knautschzone“. Wir passierten den breiten, schrankengesicherten Überweg und es ging in die Linkskurve auf Kaldenkirchen zu; irgendwann mußte bald der Schluß des 6000-Tonnen-Zuges auftauchen. „Langsam, slowly!“, mahnte ich und machte eine entsprechende Handbewegung.
Der NS-Lokführer grinste und hielt dagegen: „Siehste weit jenuch, geen Problem!“
Hilf Himmel, welch‘ ein Kamikaze-Fahrer…! Dann vor uns der Zug. Mein Kampfpilot hielt drauf zu, weiter und weiter, endlich haute er die Bremse rein – und, das mußte man ihm lassen, dank seines erstklassigen Bremsgefühls erreichte er die automatische Kupplung des letzten Wagens mit genau der richtigen Kuppelgeschwindigkeit: kurzes metallisches Klirren – und die Kupplungen faßten.
Der niederländische Lokführer nahm über Funk Kontakt zum Kollegen des 6000ers auf. Ich konnte das Gespräch über den Lautsprecher mithören: „So, de Schiebelok is‘ bei. Wenn Signal frei, abfahre, ich schiebe.“ – „Wer schiebt mit was?“ – „De Nederlandse Spoorwegen mit de Rangierlok Venlo.“ – „Na denn, gib Gas, alle Signale freie Fahrt, Halt in Kaldenkirchen!“ – „Klar, abhänge.“
So einfach war das, nix schriftlicher Befehl für Sperrfahrt, einfach drauf und per mündlicher Verständigung schieben. Wohl war mir dabei nicht, um ehrlich zu sein. Wenn einer hier „Bekanntheit“ hatte, dann der Lokführer der NS… Ganz langsam setzte unsere seltsame Fuhre sich in Bewegung; das wäre was für Hobbyfilmer gewesen: die beiden souveränen, schweren E 151 vorne, dahinter der endlos lange Zug, und am Schluß dieser Flachwagen mit der Übergangskupplung und die tiefschwarz qualmende Alsthom-Lok. Der seltsame Tachometer zeigte ungefähr 20 km/h, als der NS-Kollege auf das oben geschilderte Instrument deutete und rief: „He trekkt nit! Drieduusend Ampére!“
„Eine der beiden Zugloks ist ja kaputt“, versuchte ich den Aufgeregten zu beruhigen.
Doch der wiederholte nur: „Drieduusend Ampére!“
Offenbar war das die äußerste zulässige Leistung. Wieviel KW oder PS das bedeutete, war und blieb mir unklar. Gemessen an den brüllenden Tönen des Diesels, der Abgaswolke und den Vibrationen, schien die Lok etliche tausend PS zu entwickeln. Soweit ich weiß, leistete sie aber nur sowas um 1000, momentan eventuell überlastet mit den 3000 Ampére…? Jedenfalls wies der niederländische Kollege mehrfach auf die 3000 hin – ob die nicht selten etwas sorglos konstruierenden Franzosen der Lok keine Überlastsicherung spendiert hatten? Denkbar.
Endlich zeigte die Tachonadel 30 km/h: „Niet versnellen!“, rief der Niederländer ins Mikrophon. Und mit diesen 30 km/h tuckerten wir in den Bahnhof Kaldenkirchen, wo der Lokführer vorne auf der 151 den Zug weich zum Stehen brachte.
Der Rangierer löste die automatische Kupplung – ich glaube, über einen Seilzug – und fragte mich, ob er fertigmelden solle. Ich winkte ihm bejahend zu. Kurz darauf zeigte die Ausfahrt Richtung Venlo Hp2 und ich sagte dem Kollegen: „Kannst fahren, mit 40 Stundenkilometern – wir sind jetzt eine Zugfahrt.“
„Verstande! Mit 40 bis Venlo. Ich laß dich an Spoor Veerendechtich runter, okay?“
„Ja, prima!“, stimmte ich zu.

Die kurze Strecke war auch mit nur 40 km/h rasch zurückgelegt; der Kollege hielt genau neben meiner in Gleis 34 wartenden E 110, freundliches Winken, Achtungspfiff, dann ein mittlerer Atompilz über dem Auspuff der Alsthom-Lok – und weg war sie, mitsamt dem Wagen mit der „Överjangskopplingen“. Puh, geschafft! Rauf auf meine 110er, noch Zeit, ein Butterbrot und das Fanta aus dem Thermofach geholt und erstmal von dem Abenteuer erholt. Mir war klar, daß der niederländische Kollege Strecke und Bahnhöfe mindestens so gut kannte wie ich, doch möglicherweise war irgendeine Karenzzeit überschritten und er bestand deshalb auf dem Lotsen, den er gar nicht gebraucht hätte.

Daß ich mich angesichts Lok und Fahrweise nie als Rangierlokführer bei der NS beworben habe, bedarf gewiß keiner näheren Erklärung?

Beste Grüße: Kurt

PS.: Wie alle nach Venlo kundigen Kollegen, eignete ich mir im Laufe der Zeit einige niederländische Begriffe und Wendungen an. Da ich diese nur rein gehörmäßig lernte, bitte ich um Verständnis, wenn oben fehlerhafte Schreibweisen zu finden sein sollten.

Hier findet Ihr ein Bild. So ähnlich sah die Rangierlok aus; ein Photo des exakten Typs konnte ich leider nicht entdecken.

http://commons.wikimedia.org/wiki/Catego...ile:NS_2498.jpg

Hallo,

eine schöne Geschichte, zu der ich mir doch eine Anmerkung nicht verkneifen kann:

Sehe nur ich das so, dass wir in Deutschland eigentlich seit vielen Jahren die schönsten Loks bauen ? Wenn man so die Maschinchen der umliegenden Nachbarvölker betrachtet, stellt sich doch häufiger die Frage, was die Konstrukteure wohl grade geraucht haben. Manche Loks sind auch so häßlich, da kommt man auch auf den Gedanken, dass der entwerfende Mensch eher an seine Schwiegermutter gedacht hat, statt an eine optisch schöne Lokomotive.

Nun liegt Schönheit ja durchaus im Auge des Betrachters. Interessant wäre auch eine Hitliste, welches Land die häßlichsten Loks hat. Ich hätte da schon einen Favoriten, aber nachher zählt man nur wieder als Nationalist...

Du, lieber Kurt, hast doch bestimmt viele unterschiedliche Loks gesehen. Mal ganz ehrlich, hat es Dich bei der einen oder anderen nicht doch manchmal geschüttelt ? :-)

Gruss

Andrea

Hallo Andreas,

offen gestanden: die für mein Empfinden häßlichsten Loks habe ich in den Niederlanden gesehen. Dazu zählt auch die von mir beschriebene dieselelektrische Alsthom-Lok. In Venlo sah ich häufig auch einen Dreiachser mit Stangenantrieb, ein martialisches Messingschild wies das Ding als britisches Produkt aus. Ich vermute, Gaius Julius Caesar hat diese Lok aus Britannien mitgebracht und in Venlo vergessen... Die Karre hatte einen langsamlaufenden Diesel, der blubbernd und puffend seine Arbeit tat.

Weiter NS: Auch die Ellok Serie 11 (11? Doch, ich glaube, das stimmt) war ein eye-catcher, sie hatte Bullaugen an den Seitenwänden, wurde genannt "het botterdosje" und sah so aus, wie sie hieß. Später erhielt sie kurze Vorbauten als "Knautschzonen" und wurde damit so richtig entstellt.
Seltsam auch die großzahlig gebauten Triebwagen, die im Volkmund "Hondekopp" genannt werden/wurden...
Klassisch schön dagegen fand ich die Ellok Serie 12, eine amerikanische Konstruktion, sechs Achsen, 3000 PS. Ihre Form entsprach den Lokomotiven der ALCO aus den 50er Jahren. Kombinierter Fahr-/Bremsschalter mit der Beschriftung ">Versnelling / <Afremmen" ... herrlich...

Allgemein gefallen mir etliche Neubauloks nicht, ich hasse diese Colani-Rundungen, die ohne jeden Sinn und Zweck Verwendung finden. Der Gipfel der Häßlichkeit ist m.E. der ICE 3, dem die Designer eine Kombination aus drei Stilschulen verpaßten: Kopfform ist Colani, die Fensterbänder folgen den Bauhaus-Lehren und die Schürzen erfreuen mit Biedermeier-Formen. Toll.

Für mein Empfinden war die alte E 110 (1. und 2. Serie) mit ihrem kantigen Äußeren richtig schön und zweckmäßig ("form follows function"). Das gilt auch für die in den späten 80ern entwickelte E 120: Trotz markant-kantiger Formgebung besitzt sie gute Cw-Werte und wirkt durch die leicht abfallenden Dachpartien der Führerräume geduckt-kraftbetont. Summa summarum war sie meine Lieblingslok.

Markante Formgebungen fand ich auch bei meinen Reisen durch Perú, wo die (damals) vier Bahnen amerikanische dieselelektrische Loks fuhren. Auf einer der Serie 6 (General Motors, Kanada) bin ich mal mitgefahren, auf der Südbahn (FCS), von Sicuani über La Raya nach Juliaca ... 130 Tonnen, sechs Achsen, PS-Zahl weiß ich nicht mehr genau (2400?), jedenfalls aber zog die Lok den aus zwölf Wagen bestehenden Schnellzug mühelos die 40-Promille-Steigung rauf, wobei die in Fahrenheit geeichte Kühlwasser-Temperaturanzeige wie angenagelt auf dem Punkt blieb. (Mit unserer V 215 und 500 Tonnen den vier Kilometer langen Schmidtheimer Berg [Eifelstrecke] rauf - und alles steht im roten Bereich. Von Sicuani nach La Raya sind's ca. 30 km mit 40 Promille...)

Und die Schweiz darf nicht vergessen werden: Für mein empfinden sind die "Krokodile", die Re 4/4, die Ae 6/6 und die futuristische "Lok 2000" richtige Highlights. Von der Bedienung her schlägt die "2000" alles: Fahr-Brems-Joystick in der Sesselarmlehne, elektrisch ausfahrbare Rückspiegel ... ein Traum.

Zurück in unsere Gefilde, fällt mir als optisches Rosinchen noch die E 194 ein - ein Brocken, der so aussieht, wie er fährt...

Na ja, damit will ich's mal gut sein lassen, sonst werde ich heute nicht fertig...

Beste Grüße: Kurt