Die 139 und 140, die nicht aus 110ern umgebaut wurden, sollen aber nach wie vor einlösige Bremse haben. Irgendein Tf hatte sich zu den Schenker Schraubeneimern geäussert, das man sogar so pfiffig war, die umgebauten Maschinen wieder auf einlösige Bremse zurück gebaut hätte. Zudem soll die 139 der größte Stromfresser sein. Ob das alles stimmt, weiß ich nicht. Aber getreu Kurt seinem Spruch: Bei der Bahn ist nichts unmöglich!!!
Aktuell sind bei Schenker jedoch 39 Maschinen wieder aktiv. Auch die 6 Maschinen, die in Kornwestheim eingemottet in der Halle fleißig von den Tauben zugesch.ssen wurden.
Und Du, Karl fährst bei Locomotion?! Da hatte ich vor geraumer Zeit, an einem Samstag, einen Locomotion-Zug wieder nach Kornwestheim rein zu schleppen. Die 186 von dem Kollegen hatte den Dienst in der Überleitung von Kornwestheim Pbf nach Stuttgart - Zazenhausen quittiert. Der Kollege nahm danach die 185 004, mit der ich ihn wieder in den Bahnhof geschleppt hatte, mit, und ließ mich in Stuttgart Untertürkheim absteigen, da dort von Schenker der nächste Hilfefall rumstand. Der Kollege hatte keine Fahrzeit mehr und ich hatte Bereitschaft...
die letzten 90 Lady's, 112.1, wurden bereits von AEG verunstaltet und ausgeliefert. Nebenher wurde an der 12X, der 128 001, in Hennigsdorf gewerkelt, ebenfalls AEG. AEG (Auspacken; Einschalten; Geht nicht), Henschel und Daimler bildeten später ADtranz. Das Daimler weder von Fahrzeugen, geschweige von Schienenfahrzeugen Ahnung hat, ist hinlänglich bekannt. Die Straßenfahrzeuge sind entweder sehr zündfreudig oder schnell durchgefault. Selbst Tollcollect, die LKW-Maut, hat Daimler, zusammen mit der Telekom, über Jahre nicht auf die Reihe bekommen. Wen wunderts, das dann die Schienenfahrzeuge, wo Daimler seine Asseln mit drin hat,nicht ordentlich funktionieren. Allerdings, so meine Auffassung, gehören Sterne an den Himmel! Nicht auf die Straße, oder in diesem Fall auf die Schienen!!!
Aber zurück zur 128 001. Die 101/145 ist eigentlich die weiterentwickelte 128. Demnach ist die 101 nicht unbedingt schlichtweg vom Reißbrett auf die Schienen gekommen. Die Komponenten waren ja erprobt. Gleiches trifft für die leistungsschwächere 145 zu. (Hier sind aber nur die ersten 10 Maschinen in Hennigsdorf gebaut worden. Der Rest in Kassel.) Aber ich denke, hier wurde wieder irgendwas "verbessert" und schon paßte wieder nichts zusammen. Selbst Siemens hat die Einzelachssteuerung in der 152 und im Taurus realisiert. Bisher kenne ich da keine Probleme...
das war ja jetzt ein Griff ins volle "Eisenbahnleben", den ich kaum separat beantworten kann!
Schön, dieses Bild von der 110er in der neuen Lackierung! Soso, die fahren also noch. (Konstruktionsjahr 1955/56...)
Das mit der Verbindung zu Daimler ist mir neu, ich staune jetzt noch. Wie dem auch sei, ob vom Reißbrett oder mit vorerprobten (zusammengestellten) Bauteilen: Die E 101 war in ihrer Anfangszeit das Hinterletzte! Die paar vorgängig erzählten Vorfälle sind nur die berühmte Spitze des Eisbergs.
OT: Daimler - im PKW-Bau wurde es dramatisch, als Chrysler eingestiegen war. Ich fahre einen Mercedes Baujahr 1995 (Vor-Chrysler-Zeit) - der hat noch den ersten Auspuff und in den 18 1/2 Jahren nur zwei Defekte (Tankanzeige, Heizungsregelung).
So, damit OT wieder aus.
Wenn ich eure Postings "addiere", gewinne ich den Eindruck, daß im Cargo richtig was los ist. Schade, daß ich zu alt bin, sonst würde ich gerne wieder mitmischen.
Ich bin ein überzeugter Nicht-Mercedes - Fan! Du hast sicher noch ein Auto von vormals bekannter Qualität erwischt. Ich denke da an die alten 190er und 200er Modelle, wie sie 1989 bereits auf der Straße waren. Das waren tatsächlich noch Autos mit Niveau und Qualität. Konnte sich auch noch nicht jede Hausfrau leisten. Heute sind die Karren zu sogenannten Brot und Butterautos verkommen. Siehe A & B-Klasse. Ich hatte mich 2003 mal mit dem Gedanken getragen, ich brauchte dringend einen kleinen Diesel, da ich in Scheidung lebte, eine A-Klasse zu kaufen. Mein Freund und Bekannter, selbst bei Daimler in höherer Ebene beschäftigt, riet mir dringendst von ab. Er würde das Auto nicht mal seinem ärgsten Feind empfehlen, waren seine knallharten eigenen Worte. Sorry, das gibt zudenken. Da ich ja lange auf der Straße unterwegs war, habe ich genug gesehen und erlebt. Ich habe auch genug Autos fackeln sehen, PKW wie LKW. Meist jedoch Daimler... Eine Episode werde ich nie vergessen! Ich stand mit meinem LKW an einer Ampel in Esslingen. Vor mir ein silbener Daimler, E-Klasse neueren Datums. In der Heckscheibe prangte folgender Spruch:
Das einzige, was man bei Daimler umsonst bekommt, ist nach 8 Jahren der Rost!!!
Und die Kiste hat fürchterlich geblüht. Ich habe das mit dem Rost vorher schon bei meinem Ex - Chef seinen Daimler beobachten können, egal welches Modell! Heute fährt er Porsche!!! Das ganze deckt sich auch mit Aussagen eines Mitstreiters aus meiner Ausbildungsklasse, der Test- und Erprobungsfahrer bei Daimler war. Qualitativ ist Daimler derzeit ganz unten angekommen. Ich fahre einen 14 Jahre alten Volvo. Der hatte allerdings auch schon einige Wehwehchen. Für die Zeit, was ich ihn jedoch bereits fahre und die Qualen, die er über sich ergehen lassen muß fast normal. Es kostete mich bisher 1 Getriebe, 2 Billig-Lichtmaschinen und ein Airbag-Steuergerät. Naja, und eine neue Front hat er auch schon von Nöten gehabt. Mir war beim Abbiegen ein Opel im Weg gewesen... Meine Schuld
Aber jedem wie es gefällt. Bei mir wird das nächste auch wieder ein Volvo, soviel steht fest.
Also was Du da über die A-Klasse schreibst kann ich nicht bestätigen. Ich hatte bis vor kurzem meine 3. A-Klasse (alle aus der 1. Generation). Mit allen dreien war ich hochzufrieden. Die letzte war jetzt 15 Jahre alt. Erst jetzt hatte sie nach und nach einen haufen Baustellen angesammelt, so dass ich sie verkauft habe. Aber bei einem 15-jährigen mit entsprechender Kilometerleistung kann ich da nicht meckern.
Mit Volvo habe ich allerdings ebenfalls sehr gute Erfahrungen. Mein 1997er S40, den ich zwischendurch mal für ein paar Jahre gefahren habe, war abgesehen von der recht hakeligen Schaltung ein äußerst unkompliziertes Auto. Nie was kaputt, nie auch nur ein fleckchen Rost, und das bei über einer viertelmillion km. Aber wie gesagt, hatte ich da auch mit meinen Elchen nie Probleme.
Aber nun genug des OT - ich bin schon auf Kurts nächste Geschichte gespannt.
[ Editiert von Moderator m-a-l-3000 am 13.03.14 13:06 ]
ZitatGepostet von m-a-l-3000 Also was Du da über die A-Klasse schreibst kann ich nicht bestätigen. Ich hatte bis vor kurzem meine 3. A-Klasse (alle aus der 1. Generation). Mit allen dreien war ich hochzufrieden. Die letzte war jetzt 15 Jahre alt. Erst jetzt hatte sie nach und nach einen haufen Baustellen angesammelt, so dass ich sie verkauft habe. Aber bei einem 15-jährigen mit entsprechender Kilometerleistung kann ich da nicht meckern.
Mit Volvo habe ich allerdings ebenfalls sehr gute Erfahrungen. Mein 1997er S40, den ich zwischendurch mal für ein paar Jahre gefahren habe, war abgesehen von der recht hakeligen Schaltung ein äußerst unkompliziertes Auto. Nie was kaputt, nie auch nur ein fleckchen Rost, und das bei über einer viertelmillion km. Aber wie gesagt, hatte ich da auch mit meinen Elchen nie Probleme.
Aber nun genug des OT - ich bin schon auf Kurts nächste Geschichte gespannt.
[ Editiert von Moderator m-a-l-3000 am 13.03.14 13:06 ]
Über die A-Klasse hatte ich mich ja nicht negativ geäussert. Das war der Daimler - Mensch selber, der mir davon abriet. Aber warscheinlich hast Du, die Warnung zugrunde gelegt, wirklich 3 gute Fahrzeuge abbekommen. Er hat natürlich einen viel tieferen Einblick, wie wir Aussenstehende. Was aber Tatsache bei der A-Klasse ist, sie ist maßlos verbaut!!! Selbst bei den Sprintern, an denen ich selbst noch geschraubt hatte, in meinem Speditionsleben, waren die Karossen nur noch um die Komponenten gewickelt. Kein wirkliches rankommen mehr, ohne das halbe Fahrzeug zerlegen zu müssen... Da machen sich die Konstrukteure keine Gedanken. Selbst aus den Ostblockländern hört man vermehrt negative Äusserungen gegenüber Daimler. Zur Zeit extrem zum aktuellen Sprinter, " schon Schrott wenn vom Band läuft " hörte ich letztlich erst von einem polnischen Spediteur. Vielversprechende Meinung sage ich nur dazu!!!
Aber, Marc, Du hast Recht! Widmen wir uns wieder der Eisenbahn...
Zum Thema Eisenbahn? Gern. Ich muss sagen, der Heilige Siemens war brav, meine 186 die Du letztens gerettet hast lief 1a ohne jegliche Störungen bis Worms - da wurde ich abgelöst :-) Und ja - nachts fahren macht definitiv viel mehr Spass als Tags wenn der Nahverkehr im 10 Sekundentakt Augsburg z.B. für einen Güterzug nahezu unpassierbar macht.
Gruß Karl
Wir sind Eisenbahner, eine große Familie! Es ist egal, welche Farbe die Fahrzeuge haben solang wir auch alle zusammenhalten!
Ja, der heilige Siemens hat was. Aber ab und zu brauche ich auch den heiligen Voith - wenn ich mal wieder unsere 212 fahren soll. Von daher... Gefällt mir, wird verwendet :-)
Viele Grüße aus Worms Karl
Wir sind Eisenbahner, eine große Familie! Es ist egal, welche Farbe die Fahrzeuge haben solang wir auch alle zusammenhalten!
Mal eine blöde Frage am Rande! Welcher Schutzpatron ist für die 232 und folgende zuständig? Ist ja eine Dieselelektrische... Ist das dann der heilige Rudolf???
Aber auch ich fahre viel lieber Nachts. Bringt schon die langjährige Tätigkeit als Kutscher mit sich. Für mich also keine Umstellung. Habe den Schritt auch überhaupt noch nicht bereut. Am Dienstag hatte ich Simulatortraining, was bei der DB ja vorgeschrieben ist, und fehlerfrei bestanden. Was will man mehr als Neuling...
ZitatGepostet von 130-iger Mal eine blöde Frage am Rande! Welcher Schutzpatron ist für die 232 und folgende zuständig? Ist ja eine Dieselelektrische... Ist das dann der heilige Rudolf???
Ich glaube eher, dass dafür der "Luhan" zuständig ist - weil die ja von der Lokomotivfabrik Luhansk kommen. (Ob der Luhan auch heilig ist weiß ich nicht, kenn mich mit der russisch-orthodoxen Religion nicht so aus)
Ja, der heilige Siemens hat was. Aber ab und zu brauche ich auch den heiligen Voith - wenn ich mal wieder unsere 212 fahren soll. Von daher... Gefällt mir, wird verwendet :-)
Viele Grüße aus Worms Karl
Hallo Karl,
richtig, sagte ich schon in meinen Güterzuggeschichten: der heilige St. Voith ist der Schutzpatron der Diesellokführer.
Es steht noch die Frage im Raum, welcher Schutzheilige bei dieselelektrischen Loks anzurufen ist. Vorschlag kommt gleich.
ZitatGepostet von 130-iger Mal eine blöde Frage am Rande! Welcher Schutzpatron ist für die 232 und folgende zuständig? Ist ja eine Dieselelektrische... Ist das dann der heilige Rudolf???
Aber auch ich fahre viel lieber Nachts. Bringt schon die langjährige Tätigkeit als Kutscher mit sich. Für mich also keine Umstellung. Habe den Schritt auch überhaupt noch nicht bereut. Am Dienstag hatte ich Simulatortraining, was bei der DB ja vorgeschrieben ist, und fehlerfrei bestanden. Was will man mehr als Neuling...
Gruß Micha
[ Editiert von 130-iger am 13.03.14 19:10 ]
Hallo Micha,
doch, ja, der heilige Rudolf hat was! Fehlt aber noch die segnende Überwachung des elektrischen Teils ... hmmm, gehen wir von der 232 aus, möchte ich vorschlagen, St. Iwan-Rudolf zu ernennen. Oder, um ausgewogen zu bleiben, St. GM-Rudolf...
Simulatorfahrt fehlerfrei! Respekt, dicken! Ich habe solch ein Ding erstmalig anläßlich der ICE-Ausbildung 1997 bedient ... very seltsam. Und den Jungs in Fulda mußte ich gleich sprachlich (semantisch) einen reinwürgen: Stand doch da tatsächlich auf einem großen Hinweisschild draußen am Gebäude: "Simulationszentrum Fulda"! Nix wahr, alles nur simuliert? Hätte heißen müssen: "Simulatorzentrum". Deutsches Sprach für Angeschrittene und Fortfänger.
ZitatGepostet von 130-iger Mal eine blöde Frage am Rande! Welcher Schutzpatron ist für die 232 und folgende zuständig? Ist ja eine Dieselelektrische... Ist das dann der heilige Rudolf???
Ich glaube eher, dass dafür der "Luhan" zuständig ist - weil die ja von der Lokomotivfabrik Luhansk kommen. (Ob der Luhan auch heilig ist weiß ich nicht, kenn mich mit der russisch-orthodoxen Religion nicht so aus)
Hallo Marc,
"Luhan" erscheint mir fast schon genial! Auf zahlreichen Ikonen sieht man ihn, den gülden besetzten Mantel nach Art des St. Martin über eine Ludmilla breitend... Oder habe ich mich verguckt? Egal, kraft unseres Forums betrachte ich St. Luhan als ernannt.
ZitatGepostet von m-a-l-3000 Ich glaube eher, dass dafür der "Luhan" zuständig ist - weil die ja von der Lokomotivfabrik Luhansk kommen.
Die Dinger kamen aus Lugansk.
Thomas
Das Schöne an einheitlichen Standards ist es, dass es so viele verschiedene davon gibt. Toleranz ist die Erkenntnis, dass es sinnlos ist, sich aufzuregen.
aus welchen Gründen auch immer kam mir gestern morgen beim Kaffee meine erste Alleinfahrt mit der Ellok in den Sinn. Nach frustrierenden Monaten auf der Rangierlok schickte meine Dienststelle (BW Köln-Deutzerfeld) mich und einige Dienstaltersgenossen endlich zur Ellok-Ausbildung nach Troisdorf, zur dortigen bereits näher beschriebenen Bundesbahnschule. Im Herbst 1974 startete der Lehrgang, wo es in altbewährter Manier neuerlich ans Schaltplanfarbigmalen ging, Druckluftpläne ebenfalls der besseren Übersichtlichkeit halber vom schwarz-weißen in farbversehene Exemplare verwandelt wurden. Das klingt ein wenig nach Beschäftigungstherapie, nach unnützer Zeitvergeudung, das aber war es keineswegs: Durch diese Aktionen erlernte man die Zusammenhänge der elektrischen Schaltungen sowie Druckluftsysteme irgendwie intensiver und ich sehe noch heute den „blau gestrichelten Impulsstrom von Kontakt 5 a/b am Schaltwerksantrieb“ vor mir. Und ärgere mich heftigst darüber, daß ich irgendwann anno 1995 den Leitz-Ordner mit diesen Schaltplänen in Koblenz auf einer E 141 habe liegenlassen, nachdem ich die Einweisung von zwei Kollegen vorgenommen hatte. Quatschen, Sachen vergessen, wie das so geht. Die Lok fuhr mit einem Nahverkehrszug Richtung Mainz; nach Entdeckung des Verlustes sofort durchgeführte Telephonate waren ergebnislos: mein Ordner mit den handbearbeiteten Plänen war und blieb für alle Zeit verschwunden – und mit ihm ein Erinnerungsstück. Zurück zur Ausbildung. Es ging auch bei der Ellok ganz schön zur Sache, weil viel detaillierter Unterrichtsstoff des Erlernens harrte; seinerzeit wurde beispielsweise das Führerbremsventil an Hand von Zeichnungen und Schnittmodellen in allen Einzelheiten erläutert – und bei der Verwendungsprüfung abgefragt! Das aber kannten wir ja bereits von der Diesellok, erlebten solchermaßen eine Auffrischung des Fachwissens. Spannender fand ich daher z.B. die Darstellungen des Siemens-Gummiringfederantriebs, den man uns sowohl mittels Zeichnungen als auch Modellen und zudem im Original beibrachte (wie in meinen „Schulgeschichten“ erwähnt, besaß Troisdorf die beinahe komplette E 110 in Einzelteilen!). Auch er eignet sich trefflich, anläßlich von Prüfungen den Kandidaten ins Schwitzen zu manövrieren… Vier Wochen dauerte der „Grundlehrgang elektrische Lokomotiven“, wie es schön hieß. Nach der unvermeidlichen schriftlichen Probearbeit durften wie uns ein Wochenende lang erholen, danach begann die praktische Ausbildung am Fahrzeug: Bauteilekunde („wo ist was und macht wie was?“) und natürlich die lange ersehnten Fahrtage, die sich nach drei Wochen „stationärer“ Ausbildung mit Störungssuche anschließend über sechs Wochen erstreckten. Hier hatte unsere Drei-Mann-Gruppe das Glück, einen ausgefuchsten Praktiker mit stählernen Nerven als Ausbilder genießen zu dürfen. Was während dieser sechs Wochen – nicht zuletzt auch bei den Fahrprüfungen – so alles geschah, werde ich wohl irgendwann auch noch erzählen. Heute aber, weil es wie ein Farbfilm in Panavision mit 5.1-Ton vor meinen Augen steht, zunächst der wohl wichtigste Tag in meinem Berufsleben, nämlich:
Die erste Alleinfahrt Nach bestandenen Baureihenprüfungen E 110, E 140/139 und E 141 durfte ich zunächst nochmal einige Monate mit der Rangierlok rumgurken; ob ein Kalkül dahinterstand, vermag ich nicht zu beurteilen.
Aber dann – endlich: Der Disponent fragte mich, auf welchen Strecken ich am schnellsten kundig werden würde, damit er mich nunmehr ausbildungsgemäß einsetzen könne. Es war der alte Piratenhäuptling, wir kannten uns noch nicht, er allenfalls meinen Namen irgendwo von Dienständerungen an Feiertagen her; persönlich hatten wir praktisch nie miteinander zu tun gehabt: ich fuhr in einem Rangierplan und daher bestand nur äußerst selten die Notwendigkeit, mit ihm zu telephonieren, und wenn Telephonat, dann in der Regel mit der Lokleitung. Seine Frage nach raschem Kundigwerden stellte – was ich damals nicht wußte – einen Test dar: Ist der Junge einsatzwillig oder ein verbohrter Sturkopf? Weil ich nun endlich „mit aller Gewalt“ richtige Züge fahren wollte, beantwortete ich seine Frage so: „Rechtsrheinisch kann ich sofort loslegen, bis Mainz-Bischofsheim; den Tunnel hinter Ehrenbreitstein nach Koblenz habe ich schon befahren, als Beimann, weiß also, wie’s dort aussieht. Linksrheinisch kenne ich mich aus bis Koblenz HBf – auch da bin ich oft als Beimann auf dem Güterzug hingekommen, auch nach Koblenz-Mosel. Bis Frankfurt HBf schaffe ich die Streckenkunde in zwei Tagen, weil ich auch linksrheinisch öfters auf dem Güterzug war; praktisch fehlt mir nur das Stück von Mainz bis Frankfurt – und ein bißchen schauen, wie die Bahnsteige liegen, da achtet man im Güterzug ja nicht drauf.“ Nun erlebte ich erstmalig seine so charakteristische Geste, dieses Hinabschieben der Brille auf die Nasenspitze; er sah mich über deren oberen Rand hinweg durchdringend an, ich spürte, daß es eine Art abschätzende Bestandsaufnahme war. Ich sagte: „Ja, ich bin noch ziemlich jung, aber meine Ausbilder meinen, ich hätte es drauf. Und Angst vor heiklen Situationen kenne ich nicht: wenn die Lok eine Störung hat, dann heißt es eben suchen, reparieren und weiterfahren…“ „Bring‘ deine Lok nach Hause, und wenn’s einzelteilweise in der Plastiktüte ist! So war das bei uns hier in Deutzerfeld schon immer; wir haben einen guten Ruf deswegen: Auf die Deutzerfelder ist Verlaß! Hmmm – falls es mal eng wird und ich Leute brauche, die die Züge fahren, wenn es manchmal nicht anders geht und mehr als vier, fünf Schichten hintereinander anstehen, oder ein Dienst unvorhergesehen unüblich lang wird, durch widrige Umstände unterwegs oder so … nimmst du die Dienstdauervorschrift sehr ernst?“ Wieder der bohrende Blick über den oberen Brillenrand. Ich lachte kurz, erklärte dann: „Plastiktüte ist gut! Dienstdauervorschrift? Wenn ich mich fit fühle, wird gefahren; natürlich muß man schon ein bißchen aufpassen; unser Betriebsdienstlehrer erwähnte auch in diesem Zusammenhang mal die ‚qualifizierte Lüge‘. Zu den Problemen unterwegs, die eben zur Sprache kamen: Während der Ausbildung und bei den Prüfungen habe ich alle Störungen gefunden, fragen Sie mal meine…“ „Ich heiße Helmut“, unterbrach er mich mit strenger Miene. Jetzt wurde ich rot und verlegen: Der Mann war über fünfzig (Jahrgang 1920) und ich gerade mal 26, und dann einfach duzen, ihn, den Disponenten... Er reichte mir die Hand, ich ergriff sie und er sagte: „Kurt – natürlich habe ich mir deine Ausbildungsnachweise angesehen, auch die Beurteilungen seitens der Ausbilder. Ich glaube, du paßt perfekt in unser Team – und jetzt hör‘ auf, die verlegene Mimose zu machen! Wir sind hier eine große Familie und du bist das neue Mitglied. Altersfragen gibt’s bei mir nicht! So … dann wollen wir mal sehen…“ Er blätterte in dem großformatigen Diensttagebuch, nickte und erklärte: „Dann machst du morgen zum Reinschnuppern und Warmlaufen die Schicht XY: Dienstbeginn 13:31 Uhr hier in Deutzerfeld, Fußweg Deutz, ablösen Nahverkehr xxxx, den bis Nippes, vorziehen in den Güterbahnhof, drumrumfahren, ein Stündchen Pause, dann an den Bahnsteig Nippes vorziehen, von dort als Nahverkehr xxxx rechtsrheinisch nach Koblenz – durch den Pfaffendorfer Tunnel hinter Ehrenbreitstein, gut, daß du den kennst –, Lok bleibt am Zug, gleicher Wagenpark also als N xxxx über Koblenz-Lützel, Kronprinzenbrücke und Neuwied bis Köln HBf, A3, Fahrgast Deutzerfeld und Feierabend. Schöne Tour, gell?“ Ich freute mich: „Au ja – Rheinstrecke ist prima!“ Helmut, der Piratenhäuptling, fragte: „Das mit dem Halt nach Hp2 in Neuwied kennst du?“ Ich schüttelte den Kopf: „Nein, ist da was besonderes?“ „Allerdings! Wenn du Richtung Engers auf Hp2 reinfährst, darfst du nicht im durchgehenden Hauptgleis stehenbleiben, sondern mußt über die abzweigende Weiche vorziehen zum Vorbahnsteig. Hört sich kompliziert an, ist es aber nicht. Fahr einfach soweit, bis du ein Halt zeigendes Signal vor der Nase hast.“ „Danke! Womöglich hätte ich da gleich Mist gebaut…“ Er lachte: „Womit du nicht der erste gewesen wärest! Der Fahrdienstleiter kriegt einen Affen, wenn du im Hauptgleis stehenbleibst, er nutzt nämlich diesen Vorbahnsteig als Haltepunkt für Überholungen!“ „Ja, jetzt fällt’s mir ein: Ich habe, als ich noch als Beimann fuhr, öfters Züge an diesem kurzen Vorbahnsteig stehen sehen … doch, ja – alles klar! Trotzdem nochmal: Danke!“ „Schon gut! Dann fahr‘ mal schön! Und ich wüßte danach gerne, wie es geklappt hat, komm‘ einfach am Donnerstag mal in mein Büro – an dem Tag habe ich dich für den 7:00-Uhr- Schuppendienst eingeteilt, Loks zur Nachschau in die Halle und wieder rausfahren. Nicht gerade ein Traumdienst, aber das muß auch gemacht werden.“ „Kein Problem“, bestätigte ich, „ist klar, am Donnerstag Schuppendienst … und am Mittwoch?“ Er schob die Brille wieder vor die Augen, grinste und erwiderte: „Mittwoch Ruhe, damit du dich vom Streß der ersten Alleinfahrt erholen kannst.“ Ich schluckte, feiner Kerl, der Disponent … den würde ich nie hängen lassen…! Wegen seiner streng wirkenden Miene hielt ich ihn zuvor für „gefährlich“ … so kann man sich irren! Mit einem leisen „Bis dann“ verließ ich sein Büro.
Der bewußte Dienstag, das Datum kann ich nicht mehr nachvollziehen; daß es ein Dienstag war, habe ich durch irgendeine Gedankenverkettung (mein Lernsystem, siehe Schulgeschichten) jedoch behalten. Ich war aufgeregt wie ein kleines Kind am Weihnachtstag: Endlich, nach so vielen teils frustrierenden Monaten, ging mein Berufsziel in Erfüllung: Ellok fahren, auf Hauptstrecken. Viel zu früh war ich in Deutzerfeld, denn es wäre eine unsägliche Schlappe gewesen, ausgerechnet an diesem Tag zu spät zu kommen! In der Kantine – ich hatte zu Hause vor lauter Simuliererei keinen Bissen runtergekriegt – fiel die vibrierende Nervosität schlagartig von mir ab: Ich war Lokführer, Ellok-Führer, gehörte dazu… Es gab, glaube ich, Schnitzel mit Kartoffelsalat – okay. Seit dem Betreten der Kantine, den dortigen vertrauten Gerüchen und Geräuschen, den teils mir bekannten Kollegen, fühlte ich mich ruhig und sicher, und ich freute mich, zwei Tische weiter den Disponenten zu sehen, der mit drei Herren der BW-Verwaltung redete, sich aber die Zeit nahm, mich zu begrüßen: „Hallo Kurt – wie geht’s?“ Und zu den Herren: „Das ist unser neuer Kollege im Dispo-Dienst, ich denke, er wird seine Sache richtig gut machen!“ Ich grüßte mit einem Nicken die Herren (einer davon war der recht junge B-Leiter namens Schwarzenthal) und besonders natürlich den Disponenten: „Guten Tag! Wie’s geht? Bestens, würde ich sagen. Ich wünsche Ihnen noch was – und dir, Helmut, natürlich speziell…“ Warum nur wurde ich wieder rot? Vielleicht, weil ich noch keine Erfahrung hatte, noch ein junger Anfänger war und der Respekt vor dem Disponenten tief saß? Weil meine Nerven bis kurz zuvor Hochspannung führten? Ich weiß es nicht. Dieses „Du“ älteren, doppelt so alten Personen gegenüber, fiel mir noch schwer, war ungewohnt, trug das seinige zur Problematik bei.
Ich stand auf dem Bahnsteig in Köln-Deutz – und da kam er, mein allererster Zug, von Hagen nach Köln-Nippes. Voran eine E 110 mit Bügelfalte, dunkelblau, mit silbernem Dach, alte Lackierung also. Dahinter vier Silberlinge mit Klotzbremsen in Stellung „P“ (wie ich später an Hand des Bremszettels sah). Der anbringende Kollege, ein alter Herr, schätzungsweise Anfang 60, stieg umständlich von der Lok, musterte mich und meinte: „Bist du auch schon alt genug?“ Ärgerlich antwortete ich: „Mein Babysitter sagt, ich dürfe fahren.“ Der Alte lachte: „Gut gegeben! Alles in Ordnung mit Lok und Zug. Mach’s gut!“ „Danke, ebenso!“ Mir war, als ob ich auf der berühmten „Wolke 7“ schwebte, als ich, die Umhängetasche lässig auf der rechten Schulter, in den Führerstand kletterte, ganz professionell, als hätte ich seit Jahren nichts anderes gemacht. ‚Geschafft, Kerl, du hast es geschafft‘, sagte es in meinem Hinterkopf. Tasche abgestellt, Jackett aufgehängt, draußen ein Achtungspfiff – herrjeh, Abfahrtzeit! Ich hechtete ans linke Seitenfenster, der Zugführer gab mir Zp9 mit der Kelle, Lüfter ein, Fahrschalter auf Stufe 6, zum Seitenfenster, rausgucken, alles klar … heijeijei, Indusi wachsam am Hp2 mit Vr2, hinsetzen, puh, das war knapp, aufpassen, Junge! Zug auf 40 km/h, wieder runter auf 20 km/h: Einfahrt Köln HBf mit 20 km/h, das bedeutete, als zweiter Zug ins besetzte Gleis bis Deckungssignal. ‚Denk‘ an die Steigung Richtung Westkopf!‘, fiel mir ein. Zug langsam ziehen, kurz vor dem Sh0 abschalten, kleine Bremsstufe, Quietschen der Bremsklötze – und steht. Fein, etwa zwei Meter vor dem Deckungssignal, das konnte sich sehen lassen. Alle vorherige Nervosität, jeglicher vorheriger Streß war weg, restlos weg. ‚Jetzt alles so machen, wie du es gelernt hast!‘ Genau! Draußen klopfte es: Der Zugführer. „Tach, Kollege!“, sagte er. „Du weißt Bescheid mit dieser Tour?“ „Nein“, gestand ich, „das ist mein erster Dienst auf der Ellok.“ „Wird schon klappen“, meinte der Zugführer, ein Mann mittleren Alters. „In Nippes drumherum, Rangierer ist da, der kuppelt. Hier hast du schon mal den Bremszettel, der gilt für beide Züge, also nach Koblenz und zurück, daher die beiden Zugnummern im Kopf. Bleib‘ tapfer!“ Bei den letzten Worten grinste er und nickte aufmunternd.
Ich will’s nicht unnötig langziehen, daher zu Nippes nur kurz folgendes: Eingedenk der Unterweisungen durch den Ausbildungsführer machte ich es in Nippes – den Güterbahnhof kannte ich nur vom Vorbeifahren – wie er es uns beigebracht hatte: In unbekannten Bahnhöfen mit Gleisbildstellwerken die Fahrwege stets ausfahren, das heißt, nicht schlauer sein wollen als der Erbauer, sondern immer bis zu dem Sh-Signal fahren, das Halt zeigt. Dann die Gegenrichtung im Auge halten; keine hektischen Führerraumwechsel. Und das klappte. Der Rangierer, der abgehängt hatte und mich am anderen Zugende erwartete, meinte zwar, so weit hätte ich nicht vorziehen brauchen, doch wenn man sich nicht genau auskennt… Eben! Die Buchfahrpläne und Streckenlisten für Hin- und Rückfahrt bereitgelegt, die LA studiert.
Eine knappe Stunde später wurde es ernst: Sh1 und am Gruppenausfahrsignal Hp2/Vr2. Ich gab Achtungspfiff, der Zugführer schaute aus dem Fenster und zeigte mir Zp9. Los geht’s! Durch den „endlosen“ Weichenbereich, 40 km/h bis zum Bahnsteig Köln-Nippes. Einsteigen von Fahrgästen. Planabfahrtzeit, Zp9 vom Zugführer, zügig auf die zulässigen 60 km/h bis Einfahrt Köln HBf, dort mit 20 km/h bis dicht vor das Sh0 zeigende Deckungssignal. Ich stand im östlichen Drittel des Bahnhofs, viel Volk auf dem Bahnsteig … ich lehnte mich ins Seitenfenster und schaute raus … innerer Fackelzug: ich bin der Lokführer…! Unsinn, sicher, aber damals war ich stolz wie Harry, auf der Lok zu sein – nach all den Jahren…
Unterwegs auf der rechten Rheinstrecke. An den „langsamen“ Bahnhöfen Deutz und Köln-Kalk, die jeweils mit 60 km/h angefahren bzw. passiert wurden, konnte ich das Bremsverhalten des Zuges im unteren Bereich feststellen: etwas „matschig“, wie das bei den Silberlingen meist der Fall war. In Gremberghoven war ich extrem vorsichtig, weil da häufig etliche Lokführer ein- und ausstiegen – dort „danebenbremsen“ wäre ehrenrührig gewesen. Klappte aber. Porz-Rhein, Porz-Wahn, Spich – jeweils aus voller Geschwindigkeit, den zulässigen 120 km/h. Im oberen Geschwindigkeitsbereich wirkte der Zug ebenfalls etwas schwammig und indifferent, doch dieses Verhalten kannte ich aus der Fahrschule und wußte damit umzugehen. Zum erstenmal allein auf der Lok … wäre der Ausbilder dabeigewesen, hätte ich die Bremsungen etwas sportlicher vollzogen, doch nun saß niemand mehr daneben, der notfalls eingreifen konnte, es waren zum erstenmal meine eigenen Entscheidungen, von A bis Z. Deshalb lieber etwas langsamer und vorsichtiger, als bei der ersten Fahrt Murks bauen! Unter dieser Voraussetzung fuhr ich die Strecke mit ihren zahlreichen Bahnhöfen und Haltepunkten entlang – und jede richtig und meist punktgenau verlaufene Bremsung ließ mich sicherer werden, weshalb ich mich zunehmend auf elegantes Fahren konzentrierte: so wenig Bremsdruckkorrekturen wie möglich und tatsächlich kam ich in den in der Fahrschule trainierten Rhythmus zurück: Den kurzen Vier-Wagen-Zug anbremsen mit 1 bar Drucksenkung, wie entwickelt sich die Situation? Schau‘ auf das Ziel, schau‘ auf den Tachometer. Im als richtig erkannten Bereich in die Vollbremsung (3,5 bar HLL), Tacho – Ziel – Tacho – Ziel, Druck erhöhen auf 4,5 bar HLL, bei knapp unter 30 km/h fiel die E-Bremse ab, die Vorsteuerluft faßte zu und verkürzte den Bremsweg, auf 4,7 bar HLL und so stehen lassen bis zum Anhalten, dann Auslösen und Zusatzbremse anlegen. An zahlreichen Stationen funktionierte das zu meiner Riesenfreude tatsächlich genau so. Mangels exakter Streckenkunde mußte ich aber an ebenfalls zahlreichen Bahnhöfen ein- oder zweimal zusätzlich korrigieren; ärgerlich, jedoch als Neuling unvermeidbar. In Neuwied ging’s – wie vom Disponenten vorhergesagt – auf Hp2 rein. Durchziehen über die abzweigende Weiche an den Vorbahnsteig, dort gelang es mir, mit einer einzigen Drucksenkung auf den Punkt zu kommen, was mich gefühlte zwei Meter größer werden ließ… Der Rest war nicht mehr dramatisch: Engers, Bendorf (Erinnerungen an die Rangiermanöver mit den Knochenwagen…), Vallendar, Koblenz-Ehrenbreitstein, auf Hp2 durch den Pfaffendorfer Tunnel, über die Rheinbrücke mit 60 km/h und runter nach Koblenz HBf, Einfahrt Hp2 mit 40 km/h, am Bahnsteig ein Stückchen an der H100 vorbei – und Halt. Von der rechten Rheinseite her kommend, stand der Zug durch die Richtungswendung über den Pfaffendorfer Tunnel nun richtig für die anschließende Fahrt über die nördliche Rheinbrücke (Kronprinzenbrücke) und weiter rechtsrheinisch via Neuwied, Bonn-Beuel und Troisdorf nach Köln HBf.
Etwa 40 Minuten Aufenthalt. Der Zugführer kam nach vorne und lobte mich: „Hast du fein gemacht!“ Freude, Stolz, Verlegenheit – diese Gefühlsmischung rotierte in mir. Äußerlich cool, wiegelte ich ab: „Danke, aber … hm … in Erpel, Bad Hönningen und Vallendar war’s ein bißchen ruckelig.“ „Nicht der Rede wert. Gell, in diesen Stationen liegen die Anhalteplätze etwas seltsam, ich glaube, deshalb mußtest du in die Vollen gehen und es hat ein wenig geruckt.“ „Genau das war’s! Na ja, das ist Streckenkunde. Ich bin da als Beimann im Güterzug unzähligemale hergefahren, aber mit einem Reisezug sieht die Sache doch anders aus…“ Der Zugführer bestätigte: „So ist es! Ach ja, soll ich dir einen Kaffee bringen? Da in der Aufsichtsbude steht ein Automat.“ „Danke, sehr nett! Aber den kann ich mir auch selbst holen. Ein bißchen Bewegung schadet schließlich nicht.“ „Dann komm!“ Ich legte die durchgehende Bremse an, stieg von der Lok, schloß und verschloß die Türe und ging zusammen mit dem Zugführer die paar Meter zur Aufsichtsbude.
Wieder auf der Lok, mit dem Kaffeebecher. Der Aufsichtsbeamte hatte mich von oben bis unten gemustert und gefragt, wie alt ich sei. Ich fand es zunehmend lustig, daß ich mit meinen damals 26 Jahren durchaus als deutlich jünger durchging. Ach ja … tempus fugit...
Ein langer Achtungspfiff: Abfahrauftrag vom Aufsichtsbeamten. Ich schaute auf sein Zp9, griff hinter mich und drehte den Fahrschalter auf Stufe 6, nochmal kontrollierender Blick nach rückwärts, alles in Ordnung. Hinsetzen, auf 40 beschleunigen, durch die Weichenstraße, die 40 halten, kurz darauf erreichten wir Koblenz-Lützel – auf dem sogenannten „Moselgleis“, es ging anschließend weiter Richtung rechte Rheinseite, hinter der Kurve mit 90 km/h, dann 110 km/h. Ich hielt aber konstant die 90, denn im Buchfahrplan stand ein Halt, der mir Kopfzerbrechen bereitete: Urmitz Rheinbrücke! Ein extrem kurzer Bahnsteig, an den gerade mal zwei Wagen paßten – und mein Zug bestand aus vier. Bereits in Koblenz hatte ich mit dem Zugführer abgesprochen, mit der Lok am Bahnsteig vorbeizuziehen, so, daß die ersten beiden Wagen passend standen; die Reisenden waren von ihm informiert worden und die Pendler wußten ohnehin bescheid. Wie auch immer, eine Präzisionsbremsung war angesagt. Was soll ich lange rumkaspern: Es gelang fast, soll heißen, ich kam ungefähr drei Meter zu früh zum Halten, doch die zwei Wagen standen dennoch am Bahnsteig, nämlich derart, daß die hintere Tür des zweiten Wagens gerade so am Bahnsteig war. In Neuwied, während der zehn Minuten Betriebshalt, frotzelte der Zugführer, das müsse noch deutlich exakter werden. Ich gelobte Besserung, dann lachten wir über den Scherz.
Weiter ging’s, nächster Halt Fahr-Irlich, wo anno 1970 der halbe Bahndamm in den Hochwasserfluten des Rheins verschwunden war, wir monatelang eingleisig mit nächtlichem Falschfahr-Spitzenlicht fuhren: links unten rot, rechts unten und oben weiß. Gibt es heute nicht mehr. Und bevor der Damm sich verabschiedete, kippte die Bahnmeisterei Waggonladungen Schotter in die Lücken und wir fuhren unsere Güterzüge mit 30 km/h über die marode Stelle, Grund: „Bahnkörperdurchfeuchtung“. So stand es in den schriftlichen Befehlen. Bis dann eines Tages ein Bischofsheimer Lokführer seinem Beimann zurief: „Ei guck‘, de Luft geht fott, mir hen Schlauchschade‘!“ Doch ein Blick nach hinten offenbarte, daß die Lok mit etwa zehn Wagen heil rübergekommen war, der Rest des Zuges lag im Rhein – klar, daß „die Luft fottgange war“. Niemandem war ein Leid geschehen, nur erschreckender Sachschaden und eine hämische Presse.
Linz am Rhein, kurz davor die Brückenköpfe der ehemaligen und per Kriegsfilm heute noch berühmten „Brücke von Remagen“. Ich hatte alle Scheu abgelegt und fuhr „einen heißen Reifen“, übungshalber, Gefühl für grenzwertige Geschwindigkeiten aufbauen. Und wo wäre das risikofreier gegangen als auf der mir wohlbekannten rechten Rheinstrecke? In Linz also reingebrettert, volle Klamotte, wie unser Ausbilder zu sagen pflegte, butterweich auf den Punkt, allerdings eine Loklänge zu weit. Na ja, kommt schon noch. Weil die Power-Fahrerei zu längeren Aufenthalten führte, gab ich sie hinter Linz auf, machte es wieder etwas gemächlicher; ungefähr 60 km/h am Anfang eines längeren Bahnsteiges reichten vollauf. Mein Hauptaugenmerk legte ich nun – abermals übungshalber – auf punktgenaues Halten und weiches zum-Stehen-kommen.
Als ich hinter Troisdorf beschleunigte und wegen des kurzen Stationsabstandes bis Spich den Fahrschalter gleich wieder nach Null drehte, war ich sicher, mit dem Beruf in der täglichen Praxis nicht nur klarzukommen, sondern genau die Tätigkeit gefunden zu haben, die meinem Naturell ebenso entsprach wie meinen Interessen. Zukunft, du kannst kommen!
In Köln HBf übergab ich den Nahverkehrszug dem Ablöser, neuerlich total cool – ja, ich hatte es geschafft und war dabei … endlich!
danke für die Richtigstellung! War bestimmt ein Tastaturwischer, denn /g/ und /h/ liegen nebeneinander.
Beste Grüße: Kurt
Also, um alle Klarheiten zu beseitigen hier der Link zu Wikipedia, wo die Lokomotivfabrik Luhansk genannt wird. Aber das ukrainische Wort Луганський wird "Luganskyj" aausgesprochen, wie mir jemand versichert hat, der die kyrillische Schrift lesen kann. Insofern ist also beider richtig, und ob der Schutzpatron der Ludmillas und Taigatrommeln nun "Luhan" oder "Lugan" heißt ist ja auch nicht sooo entscheidend.
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12.03.2014 20:32
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Grüße aus Süddeutschland 
